Was aus vergangenen Modernisierungen gelernt werden kann – Forschungsverbund „Mod-Block-DDR“ stellte Forschungsergebnisse vor

Welche Potenziale für künftige Transformationen ergeben sich aus der Geschichte der DDR und der Volksrepublik Polen? Um diese Frage kreiste eine Diskussion am 20. März 2024, zu dem der Forschungsverbund „Mod-Block-DDR“ eingeladen hatte. Forschende der Viadrina und ihre Projektpartner stellten die jüngsten Buchpublikationen des Verbundes vor und diskutierten u. a. mit Carsten Schneider, Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland.

Ziel des Abends war es, nach fünf Jahren eine Zwischenbilanz des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit drei Millionen Euro finanzierten Forschungsverbundes „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR. Entstehung und Folgen im innerdeutschen Vergleich und im Vergleich mit Nachbarländern in Ostmitteleuropa“ (Mod-Block-DDR) zu ziehen. Der Verbund wurde von der Universität Bremen, der Technischen Universität Berlin, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) initiiert.

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Ausgangspunkt der Diskussion waren die drei Buchpublikationen des Forschungsverbundes:

Zu Beginn stellte Prof. em. Dr. Hans-Jürgen Wagener die erste Publikation des Forschungsverbundes vor, die sich mit einem ideengeschichtlichen Vergleich der sozialistischen Ökonomie in der DDR und der VR Polen beschäftigt. Deutlich wurde dabei, dass im kommunistischen Polen für Ökonomen deutlich mehr Freiräume existierten, so dass Theorien und Konzepte aus dem „Westen“ rezipiert werden konnten. Auch die zweite Publikation des Forschungsverbundes, die von Dr. Falk Flade vorgestellt wurde und die „Transformation in Polen und Ostdeutschland“ zum Thema hat, bestätigt diese These. So sei die größere Offenheit für pragmatische Ansätze in der Wirtschaftspolitik Polens die Grundlage für den Erfolg des dortigen Transformationsprozesses gewesen. Abschließend erläuterte Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast die Kernthesen der neuesten Publikation des Verbundes „Roadblocks to the Socialist Modernization Path and Transition. Evidence from East Germany and Poland“. Sie wies auf die wichtige Rolle regionaler Besonderheiten hin, wenn man Transformationen in ihrem Kontext verstehen will. Politische und ökonomische Modelle könnten nicht pauschal auf die verschiedenen ostmitteleuropäischen Staaten übertragen werden.

Neben einem tieferen Einblick in die Forschung des Verbundes „Mod-Block-DDR“ bot die Veranstaltung auch eine Plattform für den interdisziplinären Austausch und eine Vertiefung des Verständnisses der Modernisierungsdynamiken in der DDR und in der Volksrepublik Polen sowie möglicher Implikationen für künftige Transformationsprozesse. So betonte Prof. Dr. André Steiner vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) den Wert des Vergleichs zwischen diesen zwei ehemaligen sozialistischen Ländern für ein tieferes Verständnis der historischen Entwicklungen in beiden Regionen.

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Schließlich hob Carsten Schneider, Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, in der Podiumsdiskussion unter anderem die Rolle der lokalen Bevölkerung in Transformationsprozessen hervor und wies darauf hin, dass politische Entscheidungsträger die Komplexität der Transformation in Ostdeutschland häufig unterschätzt hätten. Zudem habe die Politik oft verkannt, dass allein die Einführung der D-Mark nicht automatisch zu blühenden Landschaften führe. Mit Blick auf die Forschung regte er an, die Analysen auch auf den Vergleich mit der Tschechoslowakei bzw. der Tschechischen Republik auszuweiten.

Aus diesen Diskussionsbeiträgen ergab sich auch eine erste Antwort auf die Frage, was aus der Vergangenheit für zukünftige Transformationen gelernt werden kann. Zum einen, auf schrittweise Übergänge zu setzen, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und den Menschen vor Ort zu vertrauen. Zum anderen aber auch die Erkenntnis, dass Transformationen immer eine Unsicherheit inhärent sei, die es nicht erlaubt vorherzusagen, wie sich die Prozesse letztlich auswirken werden.

Text: Johannes Kleinmann und Konrad Walerski
Fotos: Konrad Walerski (Viadrina) und Lina Tusche (Deutsche Gesellschaft e. V.)

Zum Forschungsverbund:
Der Forschungsverbund „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR. Entstehung und Folgen im innerdeutschen Vergleich und im Vergleich mit Nachbarländern in Ostmitteleuropa“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) noch bis September 2025 finanziert. Es handelt sich dabei um die zweite Förderperiode. Eine erste Phase lief seit 2018 und wurde positiv evaluiert. Neben der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) arbeiten aktuell auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bremen und der Friedrich-Schiller-Universität Jena in dem Verbund.
Weitere Informationen: https://www.uni-bremen.de/mod-block-ddr



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