Studierende zwischen Influencer-Dasein und Unternehmertum

Frankfurt (Oder), 

Mit ihrem Professor für TikTok durch den Seminarraum tanzen, im Bagger Probesitzen, durch Brandenburg wandern, Artikel über die Viadrina für internationale Redaktionen schreiben. All das haben Studierende im Seminar „Creativity and Entrepreneurship“ gemacht. Prof. Dr. Georg Stadtmann beweist mit diesem besonderen Lehrformat Jahr für Jahr, wie Kreativität, Unternehmertum und Persönlichkeitsentwicklung zusammenhängen. Am Ende profitieren regionale Unternehmen von den neu erlernten Methoden.

Prof. Dr. Georg Stadtmann bringt seine Studierenden mitunter an ihre Grenzen. „Als introvertierter Mensch waren die Aufgaben für mich erschreckend. Mit Fremden zu sprechen, mich absichtlich albern zu benehmen und mich offen vor anderen darzustellen, liegt weit außerhalb meiner Komfortzone“, sagt Viadrina-Studentin Lyubov Keniz. Eine Aufgabe des Seminars war es, sich in einer sogenannten ‚Rejection Challenge‘ bewusst Zurückweisungen auszusetzen. Lyubov Keniz fragte zum Beispiel einen Deutsche-Bahn-Mitarbeiter nach dem Gleis 9 ¾. Als der nach einiger Verwirrung den Harry-Potter-Scherz verstand, lachte er herzlich mit der Studentin. Die Szene hielt sie in einem Video fest. Andere Studierende baten darum, ihre Pizza im Restaurant selbst belegen zu dürfen, in einem Bagger sitzen zu dürfen oder mit Wildfremden TikTok-Tänze aufzunehmen.

Social Media Reaktionen

„Ablehnung ist im Unternehmertum an der Tagesordnung. Ob es darum geht, Investoren zu überzeugen, mit Lieferanten zu verhandeln oder neue Märkte zu erschließen – ein ,Nein‘ zu hören, gehört zum Leben dazu. Ich will meinen Studierenden beibringen, wie sie dieses ,Nein‘ in eine Lernerfahrung verwandeln können”, erklärt Volkswirt Georg Stadtmann den Grund, warum er die Challenge in das Seminar, das er seit vielen Jahren unterrichtet, mit aufgenommen hat. Mit einem TikTok-Video, in dem er selbst tanzend die Hauptrolle spielt, hat das Seminar auch einen viralen Hit mit weit über 120.000 Likes gelandet.

Die kreative Lehre kommt bei den Studierenden gut an

Was auf den ersten Blick wie jede Menge Influencer-Spaß aussieht, ist für seine Studierenden tatsächlich eine große Lern- und Lebenserfahrung. Student Roy Sand, der dank der Challenge das Fleisch für seinen Döner selbst vom Spieß geschnitten hat, sagt über das Seminar: „Professor Stadtmann vermittelt seinen Studenten nicht das bloße Auswendiglernen, sondern das Verstehen durch Machen. In kleinen Gruppen lernen wir Verantwortung zu übernehmen, unsere Ideen zu präsentieren und konstruktive Kritik anzunehmen. Hier werden Studenten quasi selbstoptimiert.“ Mika Rogowitz ergänzt: „Das Seminar ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie kreative Lehre, Persönlichkeitsentwicklung und Mut zusammenwirken können.“

Zu den Aufgaben gehörte es auch, etwas zu verkaufen, das einem nicht selbst gehört – natürlich, ohne kriminell zu werden. Kreativität bewies hier unter anderem Herman Muradian, der mit seinen Kommiliton*innen in die Rauener Berge wanderte und dort den Blick vom Aussichtsturm für je einen Euro verkaufte. Für den Studenten mehr als nur eine witzige Geschäftsidee. „Für mich als internationalen Studenten war diese Wanderung nicht nur ein Naturerlebnis, sondern auch eine Brücke zwischen Kulturen – jeder Schritt ließ Vorurteile kleiner werden und Ideen wachsen“, so Herman Muradian. Sein nächster Erfolg: Ihm gelang es einen Artikel über die Wanderung und das Seminar in der Märkischen Oderzeitung zu platzieren. Denn auch das gehört zu den Aufgaben des Kreativitäts-Seminars: möglichst viele Beiträge in Medien publizieren.

Workshops in Unternehmen

Für die Schülerzeitung ihrer früheren Schule schrieb Anmol Ana Singh: „Der Kurs steht exemplarisch für den Geist der Viadrina: weltoffen, unkonventionell und nah an den Studierenden. Hier geht es um das Entwickeln von Problemlösungskompetenz, Teamarbeit und Selbstvertrauen.“ Wie gefragt diese Fähigkeiten in der Arbeitswelt sind, erfuhren die Studierenden in der abschließenden Aufgabe: In regionalen Unternehmen und Organisationen vermittelten sie die neu erlernten Kreativitätstechniken anhand von echten Herausforderungen in den Firmen. Die Workshops im IMD Labor Frankfurt, dem Diakonissenhaus Teltow, dem Studierendenwerk Ost:Brandenburg, beim Holzwerkstoffhersteller Sonae Arauco in Beeskow und bei der Unitechnik Automatisierungs GmbH in Eisenhüttenstadt wurden in Kooperation mit der Transferstelle der Viadrina umgesetzt.

Vielen Studierende bleibt das Kreativitätsseminar von Georg Stadtmann als besonders spannende und unkonventionelle Lehre im Gedächtnis. Anmol Ana Singh zieht ihr Fazit: „Ich hätte nie gedacht, dass ein Uni-Kurs mir so viel über das Leben beibringen kann“, sagt die Autorin rückblickend. „Aber genau das hat dieser Kurs getan.“

Viadrina-Seminar in den internationalen Medien

Allein in diesem Semester konnten die Studierenden unter anderem folgende Beiträge über das Seminar veröffentlichen:

Im aserbaidschanischen Newsportal baku.ws erschien ein Beitrag von Ülker Ahmedsade. Darin beschreibt sie ihre Geschäftsidee „Glow Girls“, die Viadrina-Studentinnen nachts sicher nach Hause begleitet:

https://baku.ws/social/glow-girls-tesebbusu-yaradiciliqdan-real-helle-telebelerin-sosial-mesuliyyet-layihesi

Anmol Ana Singh schrieb unter anderem für die Schülerzeitung ihrer früheren Schule über das Seminar:

https://www.andreas-schule.org/2025/05/28/alumna-bericht-kreativitaet-trifft-unternehmergeist/

In einem Gespräch bei Deutschlandfunk Nova sprach Bastian Zeeck über die Rejection Challenge

https://share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.html?audio_id=dira_0A77E4B437BB11F078EEB883034AF4D0

Natalia Acosta platzierte mehrere Beiträge in kolumbianischen News-Portalen:

https://garrapatudo.com/2025/05/21/el-rechazo-como-estimulo-creativo/

https://yulder.co/el-rechazo-como-estimulo-creativo-supera-el-miedo-al-no-y-toma-el-control-de-tus-decisiones/

Frauke Adesiyan

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