„Ich wünsche mir, dass die Viadrina wirklich alles dafür tut, nicht normal zu werden“ – Europa-Uni begeht 30. Gründungstag

Genau 30 Jahre nach ihrer Gründung per Rechtsakt, am 15. Juli 2021, hat sich die Europa-Universität mit ihrer Rolle in Wissenschaft und Gesellschaft beschäftigt. In einer Podiumsdiskussion ging es um einen offenen und ehrlichen Dialog: Welche Entwicklungen sehen die Gäste kritisch und welche in die Zukunft gerichteten Erwartungen an die Viadrina haben sie?

Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal sagte zu Beginn der Feierlichkeiten: „Unser ehemaliger Rektor Prof. Dr. Hans N. Weiler hat uns vor fünf Jahren einen schwierigen Auftrag erteilt. In seiner Rede zum 25. Jubiläum der Viadrina sagte er, unter anderem mit Verweis auf den Brexit: ‚Europa braucht die Europa-Universität – Europa darf nicht enttäuscht werden.‘ Ich bin gespannt, in der Diskussion zu hören, ob wir dem auch nur annähernd gerecht werden.“

Tobias Dünow, Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, sprach von der Gründung der Europa-Universität Viadrina 1991 von einer „wahnwitzigen“ Idee: „1991 eine Uni zu gründen im armen, nicht übermäßig universitätsaffinen Brandenburg, noch dazu als spezifisch geistes- und sozialwissenschaftlich akzentuierte Einrichtung und als – jedenfalls ideelle – deutsch-polnische Universität. Ich finde das sensationell; bin mir aber nicht jeden Tag sicher, ob wir als Politik den Mut zu so einer Entscheidung heute noch einmal hätten.“ Dünow wünscht der Viadrina, „dass sie wirklich alles dafür tut, nicht normal zu werden. Mittelgroße Vollunis haben wir in Deutschland genügend. Die Viadrina hat nur eine Chance, wenn sie aus Prinzip andersartig ist und bleibt – das ist nicht ganz billig, aber das muss man sich dann auch leisten“.
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„Das ist der Geist der Viadrina“

Frankfurts Bürgermeister Claus Junghanns betonte die Notwendigkeit der Viadrina für die Stadt Frankfurt (Oder): „Wo, wenn nicht hier, leben wir Europa? Die vielen tausend Studierenden, die hier eine Prägung mitgenommen haben und dann wieder in die Welt hinausgegangen sind – das ist der Geist der Viadrina und das ist das, was wir als Stadt gern mitgeben wollen. Wir sind sehr stolz, dass wir dieser Ort sein können.“ Für die Zukunft wünsche er sich, dass die Wurzeln, die die Viadrina in der Stadt geschlagen hat, noch kräftiger werden und Studierende und Lehrende die Stadt als Raum wahrnehmen, den sie mitgestalten und in dem sie Spuren hinterlassen können.

Małgorzata Kopka-Piątek, Leiterin des Europa-Programms am Warschauer Think Tank Instytut Spraw Publicznych sagte zum deutsch-polnischen Zusammenleben in der Doppelstadt und an der Viadrina: „Das Deutsch-Polnische lebt von einer Asymmetrie aus wirtschaftlichem Potenzial, gesellschaftlichem Interesse und politischem Willen. – Hier kann man gut sehen, wie diese drei zusammenpassen und wie man gegenseitig profitieren kann. Frankfurt und Słubice als Symbolstadt und die Viadrina als Symboluni haben eine besondere Bedeutung. Das Zusammenleben in Europa braucht Symbole und Inhalte – und hier hat man an einer Stelle beides.“

Studierende stehen im ständigen Dialog mit der Hochschulleitung

Svea Kühl, Vorsitzende des Allgemeinen Studentischen Ausschusses, hob hervor, dass die interdisziplinären Studiengänge ein essentieller Bestandteil seien, um sich von anderen Unis abzuheben. „Ich finde es wichtig, gerade Fächer, wo es auch absolut Sinn macht – wie etwa Recht und Politik – miteinander zu verbinden.“ Das bringe auch Herausforderungen mit sich, so Kühl. „Aber Probleme können hier angesprochen werden; man steht im ständigen Dialog mit der Hochschulleitung. Wenn ich mich mit Studierendenvertretungen anderer Unis unterhalte, merke ich, dass das ein großes Alleinstellungsmerkmal ist.“

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Christoph Markschies, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, stellte fest: „Die Viadrina hat das Glück, dass sich viele der Gründungsideen gut ins Heute transformieren lassen; zum Beispiel die des Brückenbaus nach Mittel- und Osteuropa oder die Idee einer geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultät ohne Segmentierung. Das war klug ausgedacht.“

Der Diskussion folgten im Audimax 100 Gäste aus Universität und Stadt, darunter auch langjährige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter der Viadrina, wie die ehemalige Präsidentin Prof. Dr. Gesine Schwan. Per Online-Stream sahen weitere 60 Gäste zu, unter ihnen auch der erste Viadrina-Rektor Prof. Dr. Hans. N. Weiler aus seinem Heimatort in Kalifornien.

Im Anschluss an die Diskussion wurde eine Fotoausstellung eröffnet. Im Hauptgebäude erwartet Gäste noch bis Ende Oktober 2022 eine fotografische Reise durch 30 Jahre Viadrina-Geschichte auf rund 560 Fotos. Einen tieferen Einblick in Viadrina-Geschichte(n) bietet eine begleitende Online-Ausstellung unter www.europa-uni.de/30Jahre mit mehr als 100 Bildern und den dazugehörigen Geschichten und Anekdoten in deutscher und polnischer Sprache.

Sichtbar ist der 30. Uni-Geburtstag auch in der Doppelstadt: Bunte Fahnen im Innenstadtraum weisen auf weitere Aktivitäten hin. Bis Oktober 2022, wenn sich die ersten Immatrikulationen zum 30. Mal jähren, reflektiert die Viadrina ihre Geschichte und nimmt ihre zukünftige Rolle in den Blick.
(UP)

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