Studierende erforschen ethische Herausforderungen von Unternehmer*innen auf Chios

Frankfurt (Oder) / Chios, 

Welche ethischen Dilemmata müssen Unternehmer*innen bewältigen? Das konnten Studierende der Viadrina auf der griechischen Insel Chios unter anderem bei einer Kosmetikfirma, einer Kräuter-Exporteurin und einer Hochzeitsplanerin erforschen. Gemeinsam mit Studierenden der Aegean University nahmen sie an einem ERUA-Reiseseminar „Researching Responsibility: Ethical Dilemmas in Organizational Life“ teil. Nach dem Forschungsaufenthalt auf Chios im November 2025 fand im Rahmen des Gegenbesuchs an der Viadrina am 9. Dezember eine Konferenz zur Auswertung der Ergebnisse statt.

Wie geht eine Hochzeitsplanerin mit den unterschiedlichen Ansprüchen und den emotionalen Herausforderungen ihrer Kund*innen um? Welche Freiheiten kann sich der Franchise-Nehmer einer Kosmetik-Kette erlauben? Und was macht eine Kräuter-Expertin, wenn sie merkt, dass sie ihre Produkte zu günstig anbietet? Solchen Fragen konnten deutsch-griechische Gruppen von Studierenden mit Unternehmer*innen auf Chios nachgehen. Das theoretische Hintergrundwissen zu ethischen Dilemmata in Organisationen hatten die Viadrina-Wirtschaftswissenschaftlerinnen Prof. Dr. Jana Costas und Lilo Meier in Vorort- und Online-Sitzungen mit den Studierenden erarbeitet. Die Einblicke in die Praxis waren durch ihre griechische Kollegin Prof. Dr. Niki Glaveli von der Aegean University möglich geworden.

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Reise ermöglicht nachhaltiges Lernen

8Die Kooperation, die dank der European Reform University Alliance (ERUA) zustande kam, erlaubte den Studierenden ein ganz besonderes Lern-Erlebnis. „Es ist motivierend und ein schöner Ansporn, zu wissen, dass Uni nicht immer nur das strikte Besuchen von Vorlesungen ist“, sagt Hong Anh Nguyen am Rande der Projekt-Vorstellungen. Sie studiert im vierten Semester den Master in International Business Administration und ist begeistert von dem Reiseseminar. „Es ist ein ganz anderer Zugang zum Lernen – auf der Reise haben wir uns ständig mit dem Thema beschäftigt. Das ist eine Art und Weise zu lernen, die langfristig nachhallt und im Kopf bleibt.“

Dabei hat sie bei der Bewerbung um einen der begehrten Seminarplätze vor allem das Thema interessiert; die Reise war dann eine „coole Überraschung“. „Das ganze Ethik-Thema finde ich generell interessant. Das Neudenken von Business und Entrepreneurship ist ziemlich prominent; gerade in der Berliner Region merkt man, dass Firmen auf Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit achten.“ Diese an sich wichtige Entwicklung betrachte sie allerdings mit Vorsicht, weil vieles nach außen hin anders präsentiert werde, als es eigentlich ist. „Da finde ich es interessant, tiefer in die Thematik zu gehen, hinter die Kulissen zu schauen und die theoretischen Perspektiven zu betrachten“, erklärt sie ihr Interesse an dem Thema.

Kontakte knüpfen leichtgemacht

Nazila KhamenekiHinter die Kulissen eines sehr typischen Wirtschaftszweiges der Insel Chios konnte Nazila Khameneki mit ihrer Gruppe schauen. Sie sprach mit dem Präsidenten einer Gewerkschaft für Mastia-Produzent*innen – einem aromatischen Harz des Mastix-Baumes, dem heilende Wirkungen zugeschrieben werden. Trotz Sprachbarrieren und wenig Vorbereitungszeit erhielt sie interessante Einblicke in einen Markt, der ihr vorher gänzlich unbekannt war. „Es war nicht einfach, bei dem Gespräch ein Dilemma herauszufiltern, weil der Präsident der Gewerkschaft natürlich alles sehr positiv darstellen wollte“, erzählt sie. Dennoch wurde eine Spannung deutlich, zwischen dem Wunsch, das Harz traditionell und in Handarbeit zu gewinnen und es dennoch effizient herzustellen und wirtschaftlich zu handeln.

Neben der Möglichkeit, im Ausland zu forschen, waren es für Nazila Khameneki vor allem die menschlichen Aspekte, die besonderen Eindruck hinterließen. „Auch wenn die Corona-Einschränkungen schon eine Weile her sind, ist es für uns immer noch nicht leicht, Kontakte mit anderen Studierenden zu knüpfen“, berichtet sie vom Uni-Alltag. Ein solches Seminar-Erlebnis schweiße zusammen und ermögliche Freundschaften. „Ich würde jedem dazu raten, ein Reiseseminar zu besuchen. Ich bin ehrlich gesagt traurig, dass ich erst so spät – am Ende meines Studiums – von dieser Möglichkeit erfahren habe.“

Einmalige Möglichkeit nach Deutschland zu reisen

11Für Konstantinos Reftopoulos war die Reise mit seinen Kommiliton*innen von der Aegean University die erste Auslandsreise überhaupt. „Diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen“, sagt er. Der 23-jährige BWL-Student genießt den Austausch mit den Viadrina-Studierenden aus ganz verschiedenen Kulturen, nicht zuletzt, weil er überzeugt ist: „Mit Menschen verschiedener Nationalitäten zusammenzuarbeiten und kommunizieren zu können ist eine sehr nützliche Fähigkeit.“ Zusätzlich inspiriert habe ihn das Interview mit einer jungen Unternehmerin seiner Heimat-Insel, die Kräuter exportiert. „Zu sehen, wie viel sie in so kurzer Zeit aufgebaut hat, hat mich selbst motiviert“, sagt er.

Donta Panagiota PouloudiSeine Kommilitonin Donta Panagiota Pouloudi ist wie er begeistert von ihrer Reise nach Berlin und an die Viadrina. „Als unsere Professorin uns von dem Seminar erzählt hat, hielt ich es sofort für eine großartige Idee, weil ich Menschen meines Alters in einem anderen Land treffen kann.“ Das Beste für sie: der Reisezeitraum. Weihnachtsmärkte in Deutschland – davon habe sie viel gehört und so tauchte sie beim vorweihnachtlichen Gegenbesuch ganz praktisch in einen typisch deutschen Wirtschaftszweig ein.

Frauke Adesiyan

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