Annalena Mayr erhält Preis für Dissertation über soziale Rechte von Geflüchteten
Für ihre hochaktuelle Dissertation über „Die menschenwürdige Existenz von Geflüchteten. Zwischen Rechtslage und Rechtswirklichkeit“ wurde Viadrina-Absolventin Dr. Annalena Mayr im März 2025 mit dem Dissertationspreis der Gesellschaft zur Förderung der sozialrechtlichen Forschung e. V. ausgezeichnet. Ihre von Prof. Dr. Claudia Maria Hofmann betreute Arbeit hatte sie im Oktober 2024 mit summa cum laude verteidigt.
Frau Mayr, was genau hat Sie an den sozialen Rechten Geflüchteter interessiert?
Die Frage nach einer menschenwürdigen Existenz von Geflüchteten ist aktueller denn je. Angeheizt durch geopolitische Krisen, Kriege, den Klimawandel, rückläufiges Wirtschaftswachstum, ein zunehmendes Gefühl innenpolitischer Unsicherheit und allgemeine gesellschaftliche Unzufriedenheit verschärft sich der Diskurs rund um Flucht und Migration zunehmend. Dies zeigt sich in den jüngsten Versuchen der Einschränkung von Migration auf europäischer und nationaler Ebene und in aktuellen politischen Debatten. Die sozialen Rechte Geflüchteter werden hierbei bewusst als Mittel der Migrationssteuerung genutzt und benannt. Dabei offenbart die Debatte eindrücklich zwei Leerstellen: Es mangelt an einer differenzierten Betrachtung der sozialen Rechte Geflüchteter und es wird die Frage danach, ob und wie Geflüchtete ihre sozialen Rechte durchsetzen können, gar nicht erst gestellt. An diesen Leerstellen setzt meine Dissertation an.

Privat
Wie sind Sie methodisch vorgegangen?
In meiner Arbeit habe ich rechtsdogmatisch und rechtssoziologisch geforscht. Die Betrachtung der Rechtslage folgt einer klassisch rechtsdogmatischen Herangehensweise, die das Recht auf ein physisches Existenzminimum für Geflüchtete im internationalen, europäischen und deutschen Recht identifiziert und systematisiert. Die Analyse der Rechtswirklichkeit reiht sich in die interdisziplinäre Rechtsforschung ein. Auf Grundlage des theoretischen Rahmens der Rechtsmobilisierung habe ich für eine empirische Studie Expert*innen-Interviews mit Rechtsberatenden geführt, um die Grundbedingungen und den Rechtsmobilisierungsprozess Geflüchteter nachzuzeichnen und so ihre Rechtswirklichkeit beleuchten zu können.
Was waren für Sie die entscheidenden Erkenntnisse?
Besonders wichtig sind für mich zwei Erkenntnisse: Geflüchtete haben insbesondere im internationalen Kontext umfangreiche Rechte hinsichtlich ihrer physischen Existenz, die teilweise sogar direkt vor nationalen Gerichten eingeklagt werden könnten. Die Rechtsmobilisierung durch Geflüchtete ist allerdings nur unter Überwindung enormer Barrieren möglich. Diese Barrieren sind meist systematischer Natur: etwa ein Mangel an sozialer Arbeit und psychosozialer Betreuung oder die prekäre Beschaffenheit der Beratungsstrukturen.
Wie haben Sie Ihre Forschung an der Viadrina erlebt?
Die Forschung an der Viadrina war eine tolle Erfahrung! Der Lehrstuhl meiner Betreuerin, Claudia Maria Hofmann, war eine große Stütze in den vergangenen Jahren – gemeinsam haben wir viel diskutiert und nachgedacht. Ich war Claudia Maria Hofmann quasi nachgereist. Während ihrer Zeit an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hatte sie ein Schwerpunktseminar angeboten, das mich sehr begeistert hat. Nachdem sie 2020 an die Viadrina gekommen ist, habe ich mich bei ihr für eine Dissertation beworben.
Darüber hinaus hat mich das Viadrina Center for Graduate Studies (VCGS) mit einer Förderung meiner Interviewreisen unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Erstellung der Arbeit?
Die Aktualität meines Themas hat mich hin und wieder vor Herausforderungen gestellt. Das Migrations(sozial)recht unterliegt ständigen Änderungen der Rechtslage, die nicht nur Geflüchteten die Rechtsmobilisierung erschweren, sondern auch erfordern, dass ich meinen Text immer wieder anpasse.
Wie geht es nun beruflich für Sie weiter?
Seit Mai 2025 absolviere ich mein Rechtsreferendariat am Landgericht Frankfurt (Oder) und bleibe der Stadt damit noch ein wenig treu. Ich kann mir sehr gut vorstellen, danach in die Wissenschaft zurückzukehren, freue mich nun aber auch auf die praktischen Einblicke während des Referendariats.
Frauke Adesiyan
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