„Das Berlin Max Webers“ – Neues Buch von Prof. Dr. Rita Aldenhoff-Hübinger und Prof. Dr. Gangolf Hübinger
Sie haben die Max Weber-Gesamtausgabe mit herausgegeben, nun widmen sich Prof. Dr. Rita Aldenhoff-Hübinger und Prof. Dr. Gangolf Hübinger einer besonderen Phase des einflussreichen deutschen Soziologen. Am 20. Mai 2025 stellten sie ihr neues Buch „Das Berlin Max Webers – Erfahrungswelten einer Großstadt“ in der Ulrich von Hutten Buchhandlung vor.
Von 1884 bis 1892 hatte der wohl bekannteste deutsche Soziologe seine Kindheit und Jugend, die Schulzeit und auch seine Referendar-Zeit in Berlin erlebt. Wie diese „jungen Jahre“ sein Werk geprägt haben, erforschen Rita Aldenhoff-Hübinger und Gangolf Hübinger: „Wir wollen die Orte des Berliner Wirkens von Max sichtbar machen und zeigen, wie seine Berliner Zeit den Soziologen beeinflusst hat“, so Rita Aldenhoff-Hübinger.

Michaela Grün
In 20 Kapiteln, Texten, die insbesondere auch auf Briefen des jungen Max Webers beruhen, Abbildungen und historischen Karten, nehmen die beiden ihre Leser*innen mit auf einen biografischen Stadtrundgang. „Wir vertreten die These, dass insbesondere in der Berliner Zeit von Max Weber die mentalen und kulturellen Prägungen seines Schaffens gelegt worden sind. Bisher ist vor allem die Prägung aus der Freiburger Zeit, wo er später als Professor gewirkt hat, in den Blick genommen worden“, beschreibt Gangolf Hübinger die Forschungslücke, die das neue Buch füllt.
Die Zuhörenden erfahren bei der Lesung, wie das preußische Schulwesen, die Schulzeit am Königlichen Kaiserin Augusta Gymnasium in Charlottenburg den jungen Max prägte. „Es war eine Vorzeigeschule Preußens, die auf klassischer humanistischer Bildung, christlicher, protestantischer Werteethik und der Erziehung zum Nationalismus fußte und die viel Wert legte auf Literatur“, so Gangolf Hübinger. Ein wahrer Leseenthusiast sei Max Weber gewesen, wissbegierig, aber auch altklug. Geprägt habe ihn auch die künstlerische Moderne, Ausstellungsbesuche standen für Max Weber auf der Tagesordnung. Daraus ergebe sich ein Bildungs- und Wertehintergrund, der das gesamte Werk von Weber beeinflusst.
Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Antisemitismus zu und verankerte sich zunehmend in der bürgerlichen Gesellschaft. Der junge Max Weber war unmittelbar in die Berliner Antisemitismus-Kontroversen einbezogen: Die Protagonisten – der Historiker und Politiker Heinrich von Treitschke und der Historiker Theodor Mommsen – waren regelmäßige Gäste im Hause seiner Eltern, der Villa Helene. „Das hat ihn tief geprägt“, so Gangolf Hübinger, „Weber blieb Zeit seines Lebens scharfer Kritiker des Antisemitismus.“
Seine – damals noch vier Jahre dauernde und unbezahlte – Referendar-Zeit habe Weber selbst als „Wüstenpilgerfahrt durch die Berliner Amtsstuben“ bezeichnet. Insgesamt vier Stationen an verschiedenen Gerichten durchlief er – eine Erfahrung, auf der die Kritik Webers an der Bürokratie fußt, sind sich die Autorin und der Autor sicher.
Im Ersten Weltkrieg wird Weber zu einem der bekanntesten Publizisten Deutschlands. Er kämpft für einen Verständigungsfrieden, für Verfassungsreformen, für das allgemeine Wahlrecht, für Einsetzung mächtiger Parlamente und spielt in den Umbruchsdebatten eine wesentliche Rolle. Weber stirbt 1920; das letzte Mal ist er zum Tod seiner Mutter 1919 in Berlin. Und so ist die letzte Station, an die Rita Aldenhoff-Hübinger und Gangolf Hübinger die Gäste an dem Abend virtuell führen, das Grab der Eltern auf einem Friedhof an der Berliner Bergmannstraße, das bis heute erhalten ist.
Der Vortrag fand statt im Rahmen des Forschungskolloquiums „Geschichte transkulturell".
Michaela Grün
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