Von Aktenfahrstühlen und Archiv-Sperrgut – Ausstellung zur Geschichte von Viadrina-Gebäuden eröffnet

Die elektrischen Aktenfahrstühle waren 1907 zur Eröffnung des heutigen Viadrina-Hauptgebäudes modernste Technologie und damit eine Sensation – heute gibt es von den Aufzügen leider keine Spuren mehr. Das, so berichtet Viadrina-Historiker Prof. Dr. Werner Benecke, sei sein Favorit im Hauptgebäude, obwohl dieses noch viele weitere Highlights zu bieten hatte: einen „Partykeller“ mit geheimem Notausgang, verborgene Erinnerungstafeln an im 1. Weltkrieg Gefallene oder längst vergangene Wappen im Senatssaal etwa. In den vergangenen zwei Semestern hat sich Benecke gemeinsam mit Studierenden mit der Geschichte und den Geschichten der heutigen Viadrina-Gebäude beschäftigt und die Ausstellung „Neuer Geist in alten Mauern“ erarbeitet, die am 1. November 2022 eröffnet wurde.

Nur zwei Gebäude, die die Viadrina heute nutzt, sind ursprünglich für deren Nutzung erbaut worden – und beide haben trotzdem auch aus historischer Sicht etwas gemeinsam: Das Gräfin-Dönhoff-Gebäude auf der linken Oderseite und das Collegium Polonicum auf der rechten Oderseite. Direkt hinter der Brücke in Słubice stand noch bis 1949 eine Seidenfabrik; schräg gegenüber an der Stelle des heutigen Mensa- und Hörsaalgebäudes die Möbelfabrik Collath, an die heute noch die roten Klinkersteine erinnern.

Ausstellungsteam Veronika Weisheimer, Prof. Dr. Werner Benecke und Christina Flöhr bei der Eröffnung der Ausstellung am 1. November 2022. Fotos: Heide Fest


Wenn schon neue Gebäude Geschichten weit über ihre Entstehungszeit hinaus erzählen, kann man sich vorstellen, wie vielschichtig und kleinteilig die Recherche der Geschichte(n) von den historischen Gebäuden ist, die für einen anderen Zweck als die Hochschulbildung erbaut wurden. Benecke und sein Team erzählen von einer neuen Bekanntschaft mit der historischen Abteilung des Frankfurter Katasteramtes, Akten über die SED-Parteischule, die als „Sperrgut“ im Landesarchiv Potsdam eine spezielle Freigabe benötigten oder der Suche nach alten Videorekordern, um Videomaterial auf VHS-Kassetten sichten zu können. „Während dieser Recherche haben wir viele Dinge in die Hände bekommen, die man nur in privaten Archiven findet“, erzählt Benecke und berichtet von historischen Postkarten, Fotobänden und Artikelsammlungen.

Einige Frankfurterinnen und Frankfurter dienten dem Team als Zeitzeuginnen bzw. Zeitzeugen. Sie konnten von ihrer Ausbildung in der ehemaligen SED-Parteischule (heute Audimax-Gebäude der Viadrina und Studierendenwohnheim des Studentenwerks) und der kurzen Periode des „Kongresshotel Frankfurter Hof“ direkt nach der Wende berichten. Zu Ohren bekam das Seminar-Team auch die Geschichte von einer Schießerei auf dem Gelände des heutigen Collegium Polonicum. Einige der Zeitzeugenberichte sind als Audiopodcast Bestandteil der Ausstellung und können über einen QR-Code auf der Webseite der Ausstellung abgerufen werden.

„Unser Projekt hat einen Nerv getroffen: Die Gebäude, in denen sich die Viadrina heute befindet, sind ein Teil der Stadtgeschichte, und als solcher interessieren sich die Menschen dieser Stadt dafür. Die Geschichten, die uns erzählt wurden und die wir mit dieser Ausstellung wiedergeben, dürfen also nicht wieder vergessen werden“, so Christina Flöhr, Studentin aus dem Ausstellungsteam.

Die Arbeit an der Geschichte der Viadrina-Gebäude geht nach der Eröffnung der Ausstellung noch weiter. Um der Fülle des Materials gerecht zu werden ist eine Publikation geplant. (UP)

Die Ausstellung „Neuer Geist in alten Mauern“ ist bis 10. Februar 2023 zu sehen.
Ort: 1. Etage im Gräfin-Dönhoff-Gebäude, Europaplatz 1
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr

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