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Deutsch - polnisch - russisches
wissenschaftliches Kooperationsprojekt

Projekt "Kurorte Samlands/des Kaliningrader Gebiets: Identitätswandel im 19. und 20. Jahrhundert"

Das Samland ist eine Halbinsel an der Ostsee, die auf dem Territorium des Kaliningrader Gebiets (Russland) liegt und sich vor allem durch ihre einzigartige Küstenlandschaft auszeichnet. Im 19. Jahrhundert entstanden im damaligen nördlichen Ostpreußen zahlreiche Seebäder, die sich von Anfang an und insbesondere mit der Entwicklung des Massentourismus sowohl bei den Königsbergern als auch bei den Gästen aus ganz Deutschland und dem Ausland großer Beliebtheit erfreuten. Während des Zweiten Weltkrieges und nach 1945 im Zuge von Flucht und Vertreibungen kam es zu einem beinahe vollständigen Bevölkerungsaustausch. Die Seebäder wurden – im nun sowjetischen Kaliningrader Gebiet – umbenannt und erhieltenNamen wie Zelenogradsk (Cranz), Svetlogorsk (Rauschen), Otradnoe (Georgenswalde), Pionerskij (Neukuhren), Mecnikovo (Neuhäuser), Jantarnyj (Palmnicken) usw. Dies sind auch die heutigen offiziellen Namen, gleichwohl wird die deutsche Vergangenheit der Seebäder nach 1991, vor allem im touristischen Bereich, z.B. bei der Benennung von Hotels und Restaurants, sowie in kulturellen und wirtschaftlichen Sphären immer häufiger aufgegriffen und neu entdeckt.

Das Ziel des Forschungsprojektes ist es, dem oben skizzierten kontinuierlichen Identitätswandel der Kurorte nachzugehen und die Frage zu beantworten, wie sich der Prozess einer Identitätsbildung bzw. -konstruktion („deutsche“, „sowjetische“, „russische“, „hybride“ usw.)  jeweils vollzieht. Die Seebäder des Samlands sollen dabei mit einem besonderen Augenmerk auf ihre Transnationalität im Kontext ihrer vielfältigen kulturellen Traditionen erforscht werden. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes sollen die wissenschaftlichen Positionen des spatial turn, also die vom Geschichtsraum ausgehende Perspektive, um die aktuellen Erinnerungstheorien ergänzt werden, um somit einen neuen Blick auf die Geschichte der Samlandküste zu ermöglichen.

Im Mittelpunkt der Untersuchung zu den Kulturlandschaften der Kurorte stehen folgende Fragestellungen:

  • Wie wurde die deutsche Identität der Seebäder des Samlands vor dem Zweiten Weltkrieg konstruiert?
  • Welche „nichtdeutschen“ Räume gab es vor dem Zweiten Weltkrieg? Wie wurden sie als solche konstruiert?
  • Wie stark transnational war die Kulturlandschaft dieser Kurorte vor 1945?
  • Wie haben sich die Kurorte des Samlands unter der Herrschaft der Sowjetunion und später nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verändert?
  • Welche Symbole, welches „Image“ in der Werbung, welche Denkmäler und Museen, Festtage und Ortstraditionen gab es vor dem Zweiten Weltkrieg und welche gibt es heute?Was charakterisierte / charakterisiert die jeweiligen Medien- und Erinnerungslandschaften?
  • Was erinnert heute im öffentlichen Raum an die deutsche Vergangenheit in diesen Kurorten?
  • Wie werden die samländischen Seebäder von Russländern und Deutschen, darunter auch Heimwehtouristen, sowie von Vertretern anderer Nationalitäten erinnert?