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Germanistische Institutspartnerschaft

Regionen der Erinnerung. Raum und Gedächtnis in Mitteleuropa

Projektzeitraum 2021-2023

Beteiligte Institutionen

Kulturwissenschaftliche Fakultät,
Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder (EUV)

Institut für Germanische Philologie,
Jagiellonen-Universität in Kraków (JU)

Departement für deutsche Sprache und Literatur,
Babeș-Bolyai-Universität Cluj-Napoca (BBU)

Ansprechpartnerinnen an der EUV

Prof. Dr. Kerstin Schoor
Dr. Kirsten Möller (moeller@europa-uni.de)

Ansprechpartner an der JU

Dr. Michael Sobczak (michael.sobczak@uj.edu.pl
Dr. Piotr Owsiński (piotr.owsinski@uj.edu.pl

Raum und Gedächtnis sind zentrale Konzepte der Kulturwissenschaften. Seit den 1980er Jahren haben Begriffe wie kulturelles und kollektives Gedächtnis, Erinnerungskulturen etc. Hochkonjunktur und reflektieren gesellschaftliche Entwicklungen, die sich mit Fragen des individuellen und kollektiven Erinnerns auseinandersetzen, insbesondere vor dem Hintergrund der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts, von Shoah, Genozid und Weltkriegen. Zugleich erlebte der Begriff des Raums starken Zuspruch: Nicht zuletzt angesichts der politischen Entwicklungen in Mittel- und Südosteuropa prägten Konzepte des Raums wissenschaftliche Forschungen verschiedenster Disziplinen seit Ende der 1980er Jahre. Sowohl Raum als auch Gedächtnis haben in diesen Konzeptionen eine materielle wie auch eine immaterielle Dimension. Sie sind nicht mehr (nur) Speicher, Container etc., sondern zugleich Praktiken, Beziehungen usw. Ihr Verhältnis findet sich u.a. in dem einflussreichen Konzept der „Erinnerungsorte“ oder aber auch in dem der „Gedächtnisräume“[1] oder dem der „Memoryscapes"[2]. Auch wenn sich die kulturwissenschaftliche Forschung zu Raum und Gedächtnis bereits über mehr als drei Jahrzehnte erstreckt, eröffnet doch gerade das Zusammendenken von Raum und Gedächtnis in historischer und gegenwärtiger Perspektive noch neue Ansatzpunkte zu einem Zeitpunkt, wo die Gemeinsamkeiten und Perspektiven im mitteleuropäischen Raum wieder stärker auseinanderzufallen drohen.

Das Projekt versammelt literatur- und sprachwissenschaftliche Fallstudien aus germanistischer und komparatistischer Perspektive zum mitteleuropäischen Raum, zu (historischen) Regionen Europas zwischen Ostsee und Adria bzw. Schwarzem Meer, zwischen Elbe und Sbrutsch. Christian Giordano hat „Europa als ein System stark (inter)dependenter, jedoch zugleich strukturell sehr verschiedener historischer Regionen [beschrieben], in dem Gleichzeitigkeiten und Ungleichzeitigkeiten sowie Differenzen und Konstanten nebeneinander existieren“[3]. Dabei fasste er den mittelosteuropäischen Raum – wie er ihn bezeichnete – als eine historisch geprägte Region, die hier aber auch als ein Raum verstanden werden soll, der zugleich aus verschiedenen regionalen Räumen in ihren Verflechtungen und Konflikten besteht. Martin Sabrow hat den Zusammenhang von Raum und Gedächtnis am Beispiel von Objekt, Ort und Region diskutiert, wobei er der Region „die diffuseste räumliche Bindung zur Erinnerung“[4] und ihr zugleich eine Rückbindung an national und supranational geprägte Erinnerungskulturen attestierte. Der Zusammenhang von lokalen, regionalen, nationalen und suprantionalen Erinnerungskulturen soll hier ebenfalls von Interesse sein. Das Projekt fragt insbesondere nach den Interdependenzen von kollektiven Erinnerungen und lokalen wie regionalen Räumen.

[1] Siehe z. B. Janina Fuge, Rainer Hering, Harald Schmid (Hrsg.): Gedächtnisräume. Geschichtsbilder und Erinnerungskulturen in Norddeutschland. Göttingen 2014.
[2] Sarah de Nardi, Hilary Orange, Steven High, Eerika Koskinen-Koivisto (Hrsg.): The Routledge Handbook of Memory and Place, London: Routledge 2020.
[3] Christian Giordano: Interdependente Vielfalt: Die historischen Regionen Europas. In: Karl Kaser, Dagmar Gramshammer-Hohl, Robert Pichler (Hrsg.): Europa und die Grenzen im Kopf. Klagenfurt: Wieser-Verlag, 2004, S. 113-135; hier S. 118.
[4] Martin Sabrow: Der Raum der Erinnerung. In: Janina Fuge, Rainer Hering, Harald Schmid (Hrsg.): Gedächtnisräume. Geschichtsbilder und Erinnerungskulturen in Norddeutschland. Göttingen 2014, S. 17-32; hier S. 30.