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Doppelter Transit in Ex-Jugoslawien – Auftakt eines grenz- und generationenübergreifenden Forschungsprojektes

Am 21. und 22. August fand am Institut für Ethnologie und Folklore in Zagreb ein Workshop über den „Doppelten Transit“ in Ländern des ehemaligen Jugoslawiens statt. Der teilweise virtuelle Auftakt eines von PD Dr. Carolin Leutloff-Grandits geleiteten DAAD-Projektes hat gezeigt, wie Feldforschung, Nachwuchsförderung und wissenschaftlicher Austausch über Grenzen hinweg auch während einer Pandemie funktionieren können.

Es ist alles anders als geplant. Eigentlich wollten sich die Forscherinnen und Forscher an der Universität von Bihac für einen Workshop treffen, später gemeinsam Feldforschung betreiben in der bosnischen Stadt, die durch eine verheerende Situation für gestrandete Geflüchtete traurige Berühmtheit erlangte. Doch nun sitzen PD Dr. Carolin Leutloff-Grandits und ihre Studentin Lara Lemac mit einigen internationalen Kolleginnen und Kollegen diesseits der EU-Außengrenze in der Universität Zagreb vor einem großen Bildschirm, auf dem die Projekt-Partnerinnen aus Belgrad, Bihac und New York, sowie Studierende der Viadrina zugeschaltet sind. Aber immerhin: Der Workshop findet statt. >>>weiterlesen

Fotos: Santiago Carrión-Arcos, Carolin Leutloff-Grandits

Die Veranstaltung ist Auftakt eines DAAD-geförderten Forschungsprojektes über die Länder des ehemaligen Jugoslawiens als „doppelter Transitraum“. „Ziel ist es, den Transit von Serbien und Bosnien-Herzegowina in die EU zu reflektieren und ihn in Bezug zur Situation der sogenannten TransitmigrantInnen zu sehen – Menschen aus dem Globalen Süden, die in die EU migrieren wollen“, beschreibt Carolin Leutloff-Grandits vom Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION das von ihr verantwortete Projekt.

Die Perspektiven, die in dem Workshop aufeinandertreffen, unterscheiden sich nicht nur geografisch, auch die gesetzten Themen zeigen, wie vielfältig der durch den Antrag gesetzte Rahmen gefüllt werden kann. Es wird berichtet von der Integration Geflüchteter in lokale Gemeinschaften, von der Einstellung der Bevölkerung gegenüber Migrantinnen und Migranten, von illegalen Push-Backs – Rückschiebungen ohne Anhörungen. Viadrina-Studierende berichten per Video-Schalte von ihrem Vergleich lokaler aktivistischer Gruppen in Serbien. Sie erhalten vom Plenum wertvolle Tipps zu Literatur, Ansprechpersonen und Methodik. Bei aller Unterschiedlichkeit der Themen und Ansätze vereinen methodologische Fragen alle Anwesenden. Wie beeinflusst der eigene Standpunkt die Forschung? Und wie lassen sich trotz Corona-bedingten Distanzen aussagekräftige Ergebnisse erzielen?

Aufgrund der Pandemie hatte auch Carolin Leutloff-Grandits ihre Feldforschung umplanen müssen. Statt in Bosnien hat sie nun mit Viadrina-Studentin Lara Lemac einige Tage im kroatischen Donji Lapac verbracht und dort sozialanthropologisch geforscht. Mittels im Freien durchgeführter Interviews  – mitunter bei Kaffee und Schnaps  – und teilnehmender Beobachtung lernten die beiden eine kleine, idyllisch gelegene aber überalterte Ortschaft kennen, die von der nahen EU-Außengrenze genauso geprägt wird wie von den omnipräsenten Polizei-Hundertschaften, die zu deren Schutz eingesetzt werden.

Einen Einblick in die Forschungsergebnisse wird im Oktober ein Panel während der Konferenz „B/ORDERING CULTURES“ an der Viadrina geben. Es wird ein neuer Praxistest dafür, wie Forschung und wissenschaftlicher Austausch unter Pandemie-Bedingungen stattfinden können.
(FA)

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