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„Da, wo ich wohne, da grabe ich auch“ – ein Rendezvous zum 65. von Prof. Dr. Rita Aldenhoff-Hübinger

Seit über 20 Jahren sammelt sie Artefakte der untergangenen DDR, verschafft Frankfurter Ruinen positive Aufmerksamkeit, ist Mitherausgeberin des Gesamtwerkes von Max Weber und betreibt Geschichtswissenschaft im deutsch-französischen Vergleich: Prof. Dr. Aldenhoff-Hübinger. Zu ihrem 65. Geburtstag war ihr am 4. Juli eine Diskussion im Logensaal gewidmet.

Es war eine rasante thematische Reise, von „Max Weber in Amerika“ über „Rita in Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder)“ bis auf „Frankreichs Äcker“, die rund 100 Gäste aus Stadt und Universität erlebten – moderiert von Mario Quast, heute Wirtschaftsreferent der Oderstadt und einst selbst Student von Rita Aldenhoff-Hübinger. Viadrina-Emeritus Prof. Dr. Karl Schlögel, der Begründer und langjährige Leiter des Dokumentationszentrums für DDR-Alltagskultur in Eisenhüttenstadt Andreas Ludwig, der Leiter des Französisch-Lektorats am Sprachenzentrum Dr. Andreas Bahr und der Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Prof. Dr. Klaus Weber beleuchteten im Gespräch mit der Jubilarin unterschiedliche Bereiche ihres Oeuvres.
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Fotos: Heide Fest

Eines käme ihm vordringlich in den Sinn, wenn er an Rita denke, so Karl Schlögel – ein vor vielen Jahren gemeinsam gehaltenes Seminar zum Thema „Ostelbien: Mythos und Realität“. „Dieses Seminar hat mir in beeindruckender Weise die Möglichkeiten der Viadrina vor Augen geführt. Es war interdisziplinär, weil Kollegen aus allen Fakultäten teilnahmen. Und es hat den Heimvorteil der Viadrina voll ausgeschöpft, indem wir die Orte unserer Studien direkt vor Ort besuchen konnten.“ Er selbst – eigentlich kein Weberianer – habe Max Weber jüngst auch dank der von Rita Aldenhoff-Hübinger aufgearbeiteten Reiseberichte des Soziologen neu entdeckt. „Gerade erst bin ich von einer Reise durch die USA auf den Spuren Max Webers zurückgekehrt. Und lese Max Weber nun völlig neu.“ 
 
Von den USA ging es nach Eisenhüttenstadt. Andreas Ludwig erinnerte an die gemeinsame Aufbau- und Sammelarbeit im dortigen Zentrum für DDR-Alltagskultur. Fasziniert habe ihn die Hinwendung der „Spurensucherin Rita“ zu den kleinen Dingen. „Ich war einfach neugierig, wie die Gesellschaft der DDR funktioniert hat“, so Rita Aldenhoff-Hübinger. „Und als Historikerin war mir klar: Da, wo ich wohne, da grabe ich auch.“ Wahrlich unzählige Kartons wertvollen Materials habe sie nach Eisenhüttenstadt gebracht, so Andreas Ludwig, darunter auch einen mit Orden und Abzeichen aus dem Dienstleistungskombinat Frankfurt (Oder). Ein Exponat überreichte er der überraschten Jubilarin: „Mit großem Dank geht dieses Originalabzeichen für verdienstvolle Arbeit heute an Dich!“

Andreas Bahr lenkte den Blick auf Frankreich in Frankfurt: Auf stattliche 45 Ausgaben der deutsch-französischen Vortragsreihe „Rendezvous sur l´Oder“ blicke er zurück, davon zahlreiche gemeinsam mit Rita. „Die Veranstaltungen waren eine willkommene Gelegenheit, französisch zu sprechen und sich über aktuelle Entwicklungen in Frankreich, wie etwa die Proteste in den Banlieues, auszutauschen“, so Rita Aldenhoff-Hübinger.
Nicolas Offenstadt, ehemaliger Viadrina-Gastprofessor von der Pariser Sorbonne, habe sie nach anfänglichem Zögern („Darf man Verfall so schonungslos zeigen?“) dazu gebracht, DDR-Ruinen in Frankfurt (Oder) zum Thema eines Seminars und einer Ausstellung zu machen. „Die überregionale Aufmerksamkeit für die Ausstellung, die wir auch in Berlin zeigen konnten, gab ihm recht.“

Eigentlich, so Klaus Weber, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, an dem Rita Aldenhoff-Hübinger seit 2006 als außerplanmäßige Professorin assoziiert ist, käme sie doch von der Agrargeschichte. „20 Jahre zwischen Acker und Akademie“ wäre da doch eine gute Überschrift ihres Schaffens? – Zu ihrem ersten Seminar an der Viadrina mit dem Titel „Agrargeschichte“ sei niemand gekommen, winkte Rita Aldenhoff-Hübinger ab. „Wenn man das Thema aber kontextualisiert, etwa als ,Blut- und Bodenpolitik‘, dann funktioniert es.“

Studiert hatte Rita Aldenhoff-Hübinger zunächst Geschichte und Romanistik in Düsseldorf. Nach dem Studium war sie unsicher und folgte einem Tipp: „Mach was Gescheites, mach Geschichte!“ Ihre Empfehlung für die Viadrina: „Nutzt fächerübergreifend den Standortvorteil der Viadrina und erkundet als Europa-Universität das Europäische in Ost und West.“ (MG)

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