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Erasmus im Sperrgebiet – Vom frühen Ende eines Auslandssemesters

Vom Moment, als sie wusste, dass ihr Erasmus-Semester nach nur einem Monat vorbei ist, berichtet Marie Steffens in diesem Beitrag. Im 4. Semester studiert die freie Journalistin im Masterprogramm European Studies an der Viadrina. Im Februar reiste sie nach Bologna und wollte zunächst auch bleiben, als das Coronavirus sich in Italien verbreitete – bis zu diesem Abend, als ganz Italien zur „roten Zone“ wurde.

„Ich glaube es ist jetzt soweit. Wir müssen nach Hause“, sage ich zu meinen neugewonnenen Freunden. Wir stehen vor unserer Lieblingsbar, „Senza nome“, in der schönen, norditalienischen Kleinstadt Bologna. Der Premierminister Giuseppe Conte hat soeben im Fernsehen bekannt gegeben, dass er ganz Italien zur roten Zone erklären will. Es ist die letzte Chance, nach Deutschland zurückzureisen. Damit endet mein Erasmus vorerst nach einem Monat – so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Eigentlich wollte ich hier das Sommersemester verbringen. Die ersten Semester-Wochen waren bereits verstrichen. Von der Universität hatte ich bisher jedoch nur wenig gesehen, denn an meinem ersten offiziellen Uni-Tag musste sie aufgrund des Coronavirus vorerst schließen. Seitdem studiere ich online.

Bologna_395 ©Marie Steffens

Ich hatte mich zwar auf die italienischen Kurse gefreut, doch ich nahm die Maßnahmen gelassen. Zusammen mit meinen Freunden lernte ich Bologna kennen – so gut es ging. Denn das Leben wurde immer weiter eingeschränkt. Erasmusangebote fanden nicht mehr statt, die Clubs mussten schließen. Das hat Auswirkungen auf eine Stadt wie Bologna, die von Studierenden lebt. Viele italienische Studierende flohen aus der Stadt, die Straßen wurden leerer. Trotzdem hatte Bologna seinen Charme nicht verloren. Aus diesem Grund entschied ich mich, weiter dortzubleiben und die Situation zu beobachten, obwohl meine Familie dies nicht befürwortete. „Komm nach Hause, mindestens für ein paar Wochen‘‘, schrieben meine Großeltern. Doch für mich kam das nicht in Frage, ich wollte mein Erasmus nicht abbrechen.

Doch die Gefühle meiner Familie verunsicherten mich. Ich fragte mich, wie gefährlich meine Situation wirklich ist. Die Gedanken belasteten mich. Am Wochenende vor der Sperrung ganz Italiens spitzte sich die Lage zunehmend zu. Die italienischen Städte und Provinzen um Bologna herum wurden gesperrt. Die Bars und Restaurants achteten akribisch darauf, dass zwischen den Gästen ein 1,5-Meter-Sicherheitsabstand bestand. Am Montagabend wurde schließlich angekündigt, dass Bars und Restaurants nur noch bis 18 Uhr geöffnet sein dürfen. Es deutete sich an, dass eine Quarantäne unausweichlich war.

Diese wollte ich jedoch nicht allein in meinem Zimmer in Bologna verbringen, sondern lieber mit meiner Familie in Deutschland. Aus diesem Grund entschloss ich mich mit meinen Freunden mit dem Auto nach Hause zu fahren. Nun warte ich darauf, dass die Lage sich in Italien verbessert und ich zurückkehren kann. Meine Hoffnung ist noch nicht gestorben, an eine schnelle Verbesserung der Lage in Italien glaube ich jedoch nicht mehr. Obwohl ich es mir für die Menschen, deren Stadt mir für kurze Zeit ein Zuhause war, wünschen würde.

In Ihrem Blog www.marieflora.de/blog berichtet Marie Steffens mit mehr Texten und Fotos von ihren Erfahrungen.

 

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