Purpurschnecke und ostasiatische Stocklaus – wie mische ich mittelalterliche Farben?
(10. März 2010)
Absolut still musste die heutige Vorlesung starten. Denn die Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung wollte ihrem Assistenten Roger die Nase vergolden. Mit echtem Gold! Die Goldlagen waren extrem dünn, dass sie schnell davon schweben können und zerfallen.
Das haben einige von euch selbst gesehen, als sie etwas Gold auf die Hand gelegt bekamen.
Hättet ihr gedacht, dass Maler im Mittelalter für ihre Wandgemälde, zum Beispiel in Kirchen und Klöstern, Farben und Bindestoffe aus Kasein (wird aus der Milch gewonnen), Gummi arabicum, dem blauen Gestein Lapislazuli, der Fischblase des Störs, aus Ochsengalle und Bienenwachs gewannen, ja selbst aus Kot und Urin?
Manchmal waren Farben auch giftig, was den Menschen damals wohl nicht immer bekannt waren. Der französische Herrscher Napoleon zum Beispiel ist wahrscheinlich an einer Arsenvergiftung gestorben, weil er sich jahrelang in einem Zimmer aufhielt, das mit dem sogenannten Schweinfurter Grün gestrichen war. Dieser unübertroffene Farbton wurde aus Kupfer, Essigsäure und dem giftigen Arsen gemixt.
Manche Farben sind extrem wertvoll wie der Schellack. Er wird aus der ostasiatischen Stocklaus gewonnen. 300 000 dieser Läuseart müssen „gemolken“ werden, um ein Kilogramm Schellack zu gewinnen. Das fand zum Beispiel Verwendung in den Schellackplatten. Wie sich eine solche Platte anhört, wenn sie auf einem Grammofon abgespielt wird, habt ihr in der Vorlesung hören können.
Und selbst echtes Purpurrot hatte Dorothee Schmidt-Breitung dabei. Hier kostet ein klitzekleines Gramm 2050 Euro!
Toll fandet einige von euch, dass ihr der Restauratorin beim Mischen der Farben helfen durftet. Dabei kann auch Fit ganz nützlich sein. Und die Farben sahen wirklich toll aus! Leider konnten nicht alle Kinder, die es wollten, helfen. Aber dafür nutzten viele nach der Vorlesung die Möglichkeit, Farben zu mischen und sich alles genau anzuschauen.
Vieles von dem, was Dorothee Schmidt-Breitung vorgeführt hat, brauchte sie u. a. für ihre Arbeit während der Restaurierung des Kreuzganges im Kloster Neuzelle (bei Eisenhüttenstadt). Wenn ihr einmal dort,sin einer anderen Kirche oder einem alten Schloss seid, achtet ihr jetzt bestimmt viel mehr auf die Wandgemälde und Figuren.
Fotograf: H. Fest, K Bechly