Geschichte der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
„Zum Entdecken und Erinnern“ – Online-Ausstellung über die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) von 1991 bis heute
Die Geschichte der 1. brandenburgischen Landesuniversität
Frankfurt (Oder) war 300 Jahre lang, von 1506 bis 1811, die Stadt der ersten brandenburgischen Landesuniversität. Unter Kurfürst Joachim I. waren die treibenden Kräfte der Universitätsgründung der kurfürstliche Rat Eitelwolf vom Stein und der Lebuser Bischof Dietrich von Bülow. Die Universitas Francofurtensis galt als bedeutende Bildungsstätte für den brandenburgisch-preußischen Beamtenstaat, fanden sich doch die Namen vieler Professoren und Absolventen in den höchsten Ämtern Preußens wieder. Juristen waren als Diplomaten in Staatsgeschäften tätig, Theologen der Viadrina gehörten zu den obersten Kirchenherren der Mark Brandenburg und Frankfurter Medizinprofessoren waren Leibärzte des Kurfürsten.
Die Liste der herausragenden Leistungen der Universitas Francofurtensis, an der bis 1811 über 55 000 junge Leute studierten, ist lang. An vier Fakultäten, der juristischen, theologischen, medizinischen und philosophischen, wurde gelehrt. Auch Rhetorik, Geschichte, Astronomie, Mathematik und die Musik als deren Teilgebiete gelangten hier zu hoher Blüte. In 25 Disziplinen trug die Oder-Universität zum Fortschritt der Wissenschaften bei.
Forschung zur Ausrichtung der alten Oder-Universität machte als Grundzug den Charakter einer ost-westlichen Begegnungsstätte deutlich. Frankfurt (Oder) war für junge Leute aus dem märkischen, pommerschen, Lausitzer, schlesischen und großpolnischen Umland und aus dem entfernteren Osten, aufgrund seiner geographischen Lage im ostelbischen Europa, eine erste Station, an der sie ihre Studien begannen und dann weiterreisten.
Alma Mater Viadrina (1506 bis 1811)
Unter den Ausländern nahmen die Studenten aus Polen-Litauen mit 1348 Immatrikulierten den ersten Platz ein. Im 17. Jahrhundert weilten mit 456 die meisten polnischen Studenten in der Oderstadt. In der Mehrheit waren die Studenten aus dem Osten Hörer der theologischen Fakultät.
Zu den berühmtesten Namen in den Matrikelbüchern der alten Oderuniversität zählen die Gebrüder von Humboldt, Ulrich von Hutten, Carl Philipp Emanuel Bach, Thomas Müntzer und Heinrich von Kleist. Gründungsrektor der Viadrina war der Doktor der Theologie Conrad Wimpina, zuvor Rektor der Universität Leipzig.
Frankfurt war Rückhalt, Sammel- und Ausstrahlungspunkt verschiedener Formen der Vor-, Früh-, Hoch- und Spätaufklärung. In den Blütezeiten der Viadrina stellte diese, als Herd von Humanismus und Aufklärung, eine Avantgarde-Universität im ostelbischen Europa dar, einen östlichen Vorposten fortschrittlicher Lehren.
Die Alma mater Viadrina schloss 1811, im Schatten der 1810 eröffneten Berliner Universität, die heute den Namen der Gebrüder Humboldt trägt, ihre Pforten. Einige Viadrina-Professoren lehrten anschließend an der Berliner Universität. Das gesamte Inventar und ein Teil der Gelehrten übersiedelte nach Breslau (Wroclaw) und so wurde die Viadrina mit der dortigen Leopoldina vereinigt.