„Frankfurt (ist) eine hübsche Stadt (…), grade von der rechten Größe, um die gelehrte Republik zusammenzuhalten“ – Symposium zu Ehren des Viadrina-Historikers Ulrich Knefelkamp

In Gedenken an Prof. Dr. Dr. Ulrich Knefelkamp kamen am Freitag, dem 22. Juli 2022, mehr als 50 Gäste im Logensaal zu einem Symposium über die Geschichte der Brandenburgischen Landesuniversität zusammen, denn „Stadt und Universität“ sowie die „alte Viadrina“ waren Herzensthemen des 2020 verstorbenen Viadrina-Historikers. Wie aktuell und bereichernd der Blick auf das Leben an der alten Viadrina ist, zeigten die wissenschaftlichen Beiträge am Nachmittag. Am Abend folgte ein geselliges Erinnern an den Lehrer, Kollegen und Freund „Ulli“ Knefelkamp. 

„Er war ein Institutionenmensch, der neben seiner wissenschaftlichen Arbeit einen besonderen Blick für das Funktionieren und die formellen ebenso wie informellen Mechanismen des Innenlebens von Organisationen besaß“, beschrieb Prof. Dr. Reinhard Blänkner, emeritierter Viadrina-Historiker, in einleitenden Worten seinen langjährigen Weggefährten Ulrich Knefelkamp. „Sein Blick war dabei immer auf die handelnden Menschen gerichtet. Als Kommunikator war er in der Anfangsdekade ein Glücksfall für die neue Viadrina. Als Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften von 1995 bis 1999 und als Vorsitzender des Senats von 1999 bis 2007 hatte er maßgeblichen Anteil an der Integration der jungen Universität“, so Reinhard Blänkner weiter. >>> weiterlesen

Fotos: Felix Töppel

Eine Universitätsgeschichte der alten Viadrina, eine gemeinsame Geschichte von Universität und Stadt gelte es zu schreiben, bestärkte Reinhard Blänkner den von Ulrich Knefelkamp gegründeten Verein zur Erforschung der Geschichte der Viadrina. Diese müsse aufgespannt werden zwischen den zeitlichen Punkten ihrer Gründung 1506 bis zur Verlegung 1811 nach Breslau, als Friedrich Schleiermacher die Viadrina als eine an „üblem Ort“ gelegene Lehranstalt bezeichnete, die lediglich noch gut sei als „Missionsanstalt für die Polen“. Schleiermacher warb damit für die gerade erst gegründete Berliner Universität – die spätere Humboldt-Universität.

Die Beziehungen zwischen Stadt und Universität, das Ringen Frankfurts um seine Rolle als Universitätsstadt sowie das Spannungsfeld zur Metropole Berlin sind also keineswegs neu. Das unterstrich Blänkner anhand eines Kommentars von Karl W. F. Solger, einem bedeutenden Ästhetiker und „Star der Viadrina in der Spätphase ihrer Frankfurter Existenz“, zur Verlegung der Viadrina nach Breslau: „Wo ist aber wohl ein ungünstigerer Geist für eine Universität, als in Berlin? Wo die herzlose Menge jeden neuen Laut nachschreit, wo sie bald nicht eher ruht, als bis sie das Gute und Edle unter sich gebracht und durch eine neue Mode verdrängt hat? (...) Dagegen ist Frankfurt eine hübsche Stadt, in einer Gegend, die man sich nicht angenehmer wünschen kann (...), grade von der rechten Größe, um die gelehrte Republik zusammenzuhalten, und frei von allen bösen Prinzipien größerer Städte. Wenn ich etwas zu sagen hätte“, so hatte es Solger abschließend formuliert, „würde ich die Berliner Universität nach Breslau verlegen, und hier in Frankfurt die neue errichten.“

Im wissenschaftlichen Teil des Symposiums beleuchteten Expertinnen und Experten verschiedene Aspekte der alten Viadrina: Ines Staats (Universität Potsdam, Bereich Landesgeschichte) zeigte in ihrem Vortrag zu Ratsgeschlechtern und Professorenfamilien, dass auch die Universitäten ein Teil der Ständegesellschaft waren, in der die Eliten sich selbst reproduzierten und nach außen abgrenzten.

Um einzelne Hochschullehrer der Viadrina, ihr Werk und Wirken kreisten die Vorträge von Dr. Denny Becker (Leiter des Stadtarchivs Frankfurt ( Oder)), Dr. Claudia Czok (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz) und Prof. Dr. Paul Zalewski (Europa-Universität Viadrina, Professur für Denkmalkunde): Sie porträtierten Johann Christoph Beckmann (1641–1717), einen Begründer der empirischen Stadtforschung, Heinrich Zschokke (1771–1848) und sein Bemühen um eine Professur an der alten Viadrina, sowie das Werk des Mathematikprofessors und Architekturtheoretikers Leonhard Christoph Sturm (1669–1719).

Der langjährige Knefelkamp-Schüler Gotthard Kemmether (Archivar für die Städte Nabburg und Pfreimd) schlug mit seinem Vortrag zum „Epidemie-Management in der frühen Neuzeit“ am Beispiel der alten Viadrina und der Stadt Frankfurt (Oder) zum Abschluss den Bogen zur Gegenwart.

Im Foyer des Logensaals machten Fotos und anekdotische Texte aus dem großen Kreis der Freundinnen und Freunde, Schülerinnen und Schüler sowie Kolleginnen und Kollegen die Erinnerungen an Ulrich Knefelkamp lebendig.

Programm des Symposiums

Zu den Nachrufen auf Prof. Dr. Dr. Ulrich Knefelkamp

(MG / Felix Töppel / Klaus Weber)