„Doppelstadt, Land und Viadrina haben von Anfang an an einem Strang gezogen“ – Interview zur Beteiligung der Viadrina am Bewerbungsprozess für das „Zukunftszentrum“

Im Juni 2021 hat eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission ihre Vision für ein „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ vorgestellt. Bis 2028 soll in einer ostdeutschen Stadt ein Zentrum entstehen, welches einen Dreiklang aus Forschung, Dialog und Kultur vereint. Die Stadt Frankfurt (Oder) bewirbt sich als Standort für das Zukunftszentrum – und hat die Europa-Universität Viadrina und die Schwesterstadt Słubice von Anfang an mit ins Boot geholt. Wie die Viadrina in den bisherigen Bewerbungsprozess eingebunden ist, was bisher geschah und welche Schritte als Nächstes folgen, erläutert Projektkoordinator Mateusz Weis-Banaszczyk im Interview.

Die Bewerbung als Standort für das geplante Zukunftszentrum reicht ja die Stadt Frankfurt (Oder) ein. Welche Rolle spielt dabei die Viadrina?

Schon im Juni 2021 – also lange bevor der Ausschreibungsprozess überhaupt begonnen hatte – hat die Stadt in einer Pressekonferenz in Potsdam bekanntgegeben, dass sie sich bewerben wird. Damals waren ganz bewusst neben Oberbürgermeister René Wilke auch Słubices Bürgermeister Mariusz Olejniczak, die damalige Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal und Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle dabei. Doppelstadt, Land und Viadrina haben also von Anfang an an einem Strang gezogen.

Die Bewerbung hat die Viadrina sowohl organisatorisch als auch mit ihrer wissenschaftlichen Expertise unterstützt. Unser Forschungsprofil – mit Schwerpunkten in der Transformationsforschung, den Europastudien mit besonderem Fokus auf Mittel- und Osteuropa, der Migrations- und Grenzforschung sowie der Digitalisierung – passt hervorragend zu den inhaltlichen Schwerpunkten des Zukunftszentrums.

Im September 2021 organisierte das Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien eine große wissenschaftliche Konferenz zum Thema „Transformationsforschung. Ostdeutschland und Polen im Vergleich“ in dem beeindruckenden Europäischen Solidarność-Zentrum in Gdańsk. Da dieses Zentrum dem von der Bundesregierung geplanten Zukunftszentrum an vielen Stellen ähnelt, reisten auch die Viadrina-Präsidentin und der Frankfurter Oberbürgermeister gemeinsam an, um sich einen Eindruck zu verschaffen.  

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Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal, Frankfurts Kulturdezernentin Milena Manns und Oberbürgermeister René Wilke bei einer Führung durch das Europäische Solidarność-Zentrum in Gdańsk. Foto: Mateusz Weis-Banaszczyk


Im Mai 2022 hat die Viadrina das von der Stadt Frankfurt (Oder) organisierte Forum Europäischer Städte, das im Audimax von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock eröffnet wurde, inhaltlich mit vielen wissenschaftlichen Diskussionen zu ostdeutschen und europäischen Transformationserfahrungen und Migration geprägt.

Eine weitere Rolle der Viadrina war die Moderation von Prozessen. Kolleginnen und Kollegen vom Institut für Konfliktmanagement moderierten zum Beispiel viele lebhafte interne Diskussionsveranstaltungen zu möglichen Chancen durch das Zukunftszentrum.

Das sind nur einige Beispiele, wie sich die Viadrina bisher in den Bewerbungsprozess eingebracht hat.

Was war und ist deine Aufgabe?

Wenn Stadt und Universität beschließen, Kräfte und Ressourcen zu bündeln und in eine lange Vorbereitungsphase mit ungewissem Ausgang einzusteigen, dann erfordert das über den gesamten Zeitraum sehr viel Kommunikation und Koordination. Das ist meine Aufgabe, für die uns das MWFK auch Projektmittel zur Verfügung gestellt hat. Das Aufgabenspektrum ist sehr vielseitig: Neben der inhaltlichen und organisatorischen Planung von Arbeitstreffen und Workshops mit den beteiligten Akteur:innen von Stadt, Viadrina und externen Partner:innen war ich an der Planung und Umsetzung kleinerer und größerer Veranstaltungen beteiligt. Bei Terminen wie den gut besuchten Info-Ständen im Rahmen der Frankfurter Veranstaltungsreihe „Sommerklänge“ im Juli und August 2022 durfte ich viele anregende Gespräche mit ganz unterschiedlichen Mitgliedern der Stadtgesellschaft führen.

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Mitarbeiterin Alla Bahlei, Mateusz Weis-Banaszczyk und Oberbürgermeister René Wilke am Brückenbauer-Stand während der Sommerklänge-Konzerte. Foto: Piotr Zarzycki


Wie sieht der aktuelle Stand aus?

Der Standortwettbewerb wurde Anfang Juli 2022 offiziell eingeläutet. Für die Zusammenstellung der Antragsunterlagen standen uns drei Monate Zeit zur Verfügung. Hauptaufgabe der eigens dafür einberufenen Schreibgruppe aus Vertreter:innen von Uni und Stadt war es, aus der Vielzahl von Zuarbeiten und dem bereits vorhandenen Datenmaterial eine überzeugende Bewerbung zu komponieren, die eine einheitliche Sprache spricht und die Jury von den Vorzügen der Doppelstadt überzeugt. Ganze Tage und Wochenenden haben die Redakteur:innen dafür in den Räumlichkeiten der Viadrina verbracht.

Mit der letztlich mehr als 250 Seiten umfassenden Bewerbungsmappe reisten der Oberbürgermeister und die Kulturdezernentin einige Tage vor der Abgabefrist nach Cottbus, um dort die Unterlagen bei der zuständigen Bundesbehörde persönlich einzureichen. Besonders wichtig finde ich, dass die vielen kreativen und engagierten Brückenbauer:innen ein zentraler Bestandteil dieser Bewerbung sind. Sie setzen sich – teilweise unter schwierigsten Bedingungen – Tag für Tag dafür ein, die Themen und Ziele des Zukunftszentrums auch fernab des medialen Mainstreams in den Vordergrund zu rücken und in den Dialog mit ihren Mitmenschen zu treten.

Wie geht es nun weiter?

Die Jury wird wohl demnächst zu ihrer ersten Auswahlsitzung zusammenkommen, bei der sie die eingegangenen Bewerbungen sichtet und eine Vorauswahl trifft. Anschließend wird sie sich von den Städten, die es in diese Vorauswahl geschafft haben, vor Ort einen Eindruck verschaffen. Die Entscheidung darüber, welche Kommune den Zuschlag erhält, trifft die Jury dann voraussichtlich Anfang 2023.

Bis dahin gilt es, möglichst viele weitere Menschen davon zu überzeugen, dass Frankfurt (Oder) der ideale Standort für das Zukunftszentrum ist. Wer sich genauer über die bisherigen Aktivitäten informieren möchte, der oder dem empfehle ich, die Kampagnen-Seite www.stadt-der-brueckenbauer.de zu besuchen. Und wer selbst Teil der Kampagne „Stadt der Brückenbauer:innen“ werden möchte, kann das ganz einfach tun – einen kurzen Text und ein Bild auf die Homepage hochladen ist dafür der schnellste Weg.

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Brückenbauer Mateusz Weis-Banaszczyk. Foto: privat


(Interview: UP)

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