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„Die Grenzregion klebt an mir“ – Soziologin Prof. Dr. Elżbieta Opiłowska kehrt als Gastprofessorin an die Viadrina zurück

Unter ganz besonderen Bedingungen erforscht die Soziologin Prof. Dr. Elżbieta Opiłowska die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Frankfurt (Oder) und Słubice. Die erste Inhaberin der Meyer-Struckmann-Gastprofessur am Studiengang Master of European Studies kommt angesichts der Pandemie und der damit verbundenen Grenzschließungen zu überraschenden Erkenntnissen.

Ausgerechnet in dem Semester, in dem die Soziologin Elżbieta Opiłowska als Gast an der Viadrina die Grenzstädte erforschen will, die normalerweise nur ein eindrucksvoller Spaziergang über die breite Oder trennt, wird die Brücke wegen der Corona-Pandemie zeitweise wieder zur harten Grenze. Feldforschung, ethnografische Studien aus der Mikroperspektive, qualitative Interviews – das alles ist fast nur online möglich. Doch die Leiterin des Centers for Regional and Borderland Studies an der Universität Wrocław hält sich nicht mit Bedauern auf. Sie untersucht, was sich vor ihren Augen abspielt: wie die Idee des offenen Europas während der Corona-Pandemie mit dem Erstarken nationaler Akteure konfrontiert wird, wie Grenzschließungen als Instrument zurückkehren, wie lokale Stimmen in ihrem Protest dagegen lauter werden.

„Paradoxerweise lassen sich von dieser Situation positive Effekte auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beobachten“, umreißt Elżbieta Opiłowska ihre Erkenntnis. Die Pandemie habe bewusstgemacht: Offene Grenzen sind keine Selbstverständlichkeit. Nachdem zuletzt in der deutsch-polnischen Kooperation Routine – zum Teil sogar Langeweile – eingekehrt war, scheint nun vielen der Wert offener Grenzen, mitunter zuvor unterschätzt, wieder bewusster. „Es ist deutlich geworden: Man muss sich immer noch bemühen. Man konnte sogar neuen Enthusiasmus beobachten“, beschreibt Elżbieta Opiłowska, was sie in Interviews, Medienberichten und auf Social Media Plattformen beobachtet. „In Berlin und Warschau sollte man mehr auf lokale Stimmen hören. Die Lebensrealität ist hier eine andere, hier wird wirklich grenzüberschreitend gelebt und Verflechtungen können nicht einfach so rückgängig gemacht werden.“

Wie grenzüberschreitend hier in anderen Zeiten nicht nur gelebt sondern auch gearbeitet wird, hat die Gastprofessorin als Europa-Fellow von 2003 bis 2005 selbst erlebt. Hier hat sie nach ihrem Studium in Leipzig ihre Doktorarbeit über „Kontinuitäten und Brüche deutsch-polnischer Erinnerungskulturen“ am Beispiel von Görlitz/Zgorzelec geschrieben, betreut von Prof. Dr. Helga Schultz. „So hat mein Abenteuer mit der Viadrina angefangen“, sagt sie. Kontakte aus dieser Zeit – unter anderem zur damaligen Doktorandin und heutigen Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre Polenstudien (ZIP), Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast, – sind nie abgerissen. Auch deshalb hat sich Elżbieta Opiłowska auf die neu geschaffene Gastprofessur am Masterstudiengang European Studies beworben, die von der Meyer-Struckmann-Stiftung gefördert wird. „Die Grenzregion klebt an mir“, umschreibt sie ihren Forschungsschwerpunkt. Sie ist fasziniert von den dynamischen Entwicklungen, die sich hier beobachten lassen, und von den vielfältigen Akteurinnen und Akteuren, die diese Region beeinflussen: von der EU über die Nationalstaaten bis zu den regionalen und lokalen Initiativen.

Zum Abschluss ihres Gastsemesters stellt Elżbieta Opiłowska am 23. März gemeinsam mit Monika Sus ihr gemeinsames Buch „Poland and Germany in the European Union: The Multi-dimensional Dynamics of Bilateral Relations“ vor.
(FA)

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