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Stimmen einer prägenden Generation – Harald von Troschke-Archiv mit 250 digitalisierten Interviews eröffnet

Der Journalist Harald von Troschke führte in den 1960er bis 1980er Jahren hunderte Interviews mit Persönlichkeiten aus Musik, Film und Literatur. Das Besondere: bei den Interviewten handelte es sich vor allem um Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus emigriert waren und die das intellektuelle und politische Leben der jungen Bundesrepublik mitbestimmten. Ein digitales, der Allgemeinheit zugängliches Archiv mit den Aufnahmen wurde am 14. Januar eröffnet.

„Ein Onlinearchiv zu eröffnen ist kein einfacher Akt, es gibt kein rotes Band das durchschnitten und keine Ausstellung, die besichtigt werden könnte“, hob Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal die Besonderheit der Veranstaltung hervor, zu der der Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration eingeladen hatte. Die fast 50 Gäste im Logensaal erhielten dennoch gute Einblicke in die Möglichkeiten des neu geschaffenen Troschke-Archivs und die Arbeit, die darin steckt. Das digitale Archiv stellt über 250 Interviews, die im Radio ausgestrahlt wurden, kostenlos im Internet zur Verfügung.

Fotos: Heide Fest

Es waren die Kriegserfahrungen an der Front im Zweiten Weltkrieg und seine pazifistische Einstellung, die in Harald von Troschke den Willen wachsen ließen, den Emigrierten der NS-Zeit eine Stimme zu geben. Da von Troschke, ein westdeutscher Journalist, sich für Intellektuelle und Kunstschaffende interessierte, gibt es im Onlineportal zahlreiche Interviews mit diesen Berufsgruppen. Auch wenn Gespräche über die NS- und Exil-Erfahrungen überwiegen, lassen sich ebenso Interviews über Umwelt- und Energiefragen sowie die Zukunft finden – ein Thema, über das von Troschke mit dem Zukunftsforscher Robert Jungk sprach. Die Gesamtheit der Interviews spiegelt das eindrucksvolle Lebenswerk Harald von Troschkes wider und gibt einer teils verlorenen Zeitzeugengeneration ihre Stimme zurück

Das Podiumsgespräch am 14. Januar mit der Projektleiterin Dr. Barbara Picht, Alexander und Bettina von Troschke (Sohn und Tochter des Journalisten) sowie Prof. Dr. Kerstin Schoor (Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration) zeigte, welche Bedeutung die Interviews für Harald von Troschke besaßen. Die beiden Kinder berichteten von der akribischen Vorbereitung des Vaters und dem Ehrgeiz, interessante Menschen zu interviewen, die als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen Bedeutendes erzählen können oder aber „als Menschen etwas vorweisen können“. Die ganze Familie wurde in die Produktion einbezogen: Ehefrau Eva entwarf die Dramaturgie und schnitt die Tonbänder, Sohn Alexander war für die korrekte Lagerung verantwortlich, manchmal waren die Kinder auch bei Interviews dabei.

Das Onlinearchiv ist unter www.troschke-archiv.de erreichbar. Es lassen sich Personen, Orte, Berufe oder Schlagworte suchen und auch innerhalb der Gespräche ist der gezielte Sprung zu einzelnen Passagen möglich und Querverbindungen werden sichtbar. (CB)

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