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Tod durch Hunger – Bilder von verdorbenen Essensresten erinnern an Holodomor in der Ukraine

Dem Holodomor in der Ukraine fielen 1932 und 1933 fast vier Millionen Menschen zum Opfer. Das ukrainische Künstlerpaar Lia Dostlieva und Andrii Dostliev hat sich damit auseinandergesetzt, welche Spuren der Hungersnot sich in ihrer Generation finden. Die mehrfach preisgekrönte Ausstellung „I still feel sorry when I throw away food – Grandma used to tell me stories about the Holodomor” ist seit dem 2. Dezember in der Galerie vor der Uni-Bibliothek zu sehen.

Verfaulte Mandarinen, keimende Kartoffeln, ein angebissenes Pizza-Stück – Abdrücke von diesen verdorbenen Speiseresten haben Lia Dostlieva und Andrii Dostliev monatelang fotografisch aufgezeichnet. Zu sehen sind die grafisch anmutenden Collagen bis zum 20. Dezember vor der Uni-Bibliothek. Mit dem Projekt „I still feel sorry when I throw away food – Grandma used to tell me stories about the Holodomor” thematisiert das ukrainische Künstlerpaar die Spuren, die die Hungersnot von 1932/33 im Bewusstsein heutiger Generationen hinterlassen hat. >>>weiterlesen

Fotos: Roman Boichuk

„Durch das Projekt und die sich daraus ergebenden Gespräche haben wir eine Gemeinschaft der geteilten Erinnerungen geschaffen“, berichtet die seit dem Kriegsausbruch in der Ost-Ukraine in Poznań lebende Künstlerin. Viele ihrer Freundinnen und Bekannten sind wie sie mit den erschreckenden Erzählungen ihrer Groß- und Urgroßeltern aufgewachsen – ein wirkliches Gespräch habe aber nie stattgefunden. Danach gefragt, ob sich sein Verhältnis zu Lebensmitteln durch das Kunstprojekt verändert habe, berichtete Andrii Dostliev dem äußerst interessierten Publikum der Vernissage: „Das hat viel verändert, diese Beschäftigung hat mich von meinem Trauma, nichts verschwenden zu dürfen, befreit.“

Dass diese private und experimentelle Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Trauma des massenhaften Hungertods ausgerechnet im Blickfeld der Cafeteria zu sehen ist, wo mancher einfach nur in ein Käsebrötchen beißen möchte, mag manchem gewagt oder gar respektlos erscheinen. „Wir haben diese vielleicht ungelegene Konfrontation explizit ausgewählt“, sagte Viadrina-Wissenschaftlerin Dr. Nina Weller zur Eröffnung. So zentral wie das Aushungern im ukrainischen Gedächtnis verankert ist, so verhältnismäßig unbekannt ist das Geschehen im westlichen Europa. „Eine Woche nach dem offiziellen Gedenktag an den Holodomor, wollen wir genau hier dafür sensibilisieren“, so Nina Weller.

Welchen Eindruck die Schau hinterlässt, zeigen nicht nur die beeindruckten Gäste der Vernissage. Die Ausstellung ist bereits vielfach preisgekrönt, unter anderem mit dem Nathan Altman’s prize for young artists und dem ersten Preis des Ukrainian Dummy Award 2018. An der Viadrina wird die Ausstellung im Rahmen der von der Hochschulrektorenkonferenz geförderten Kleine-Fächer-Wochen gezeigt. (FA)

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