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„Hooligans spielen nur eine Nebenrolle.“

Neun Tage vor der Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland debattierten am 5. Juni Dr. Dariusz Łapinski, oberster Fanbeauftragter des polnischen Fußballverbandes und ehemaliger Viadrina-Dozent, und Michael Gabriel, Leiter der deutschen Koordinationsstelle Fanprojekte. Thema der von zwei Studierenden der Kulturwissenschaften moderierten Diskussion war der Hooliganismus in Europa.

„Die Faszination der Fankultur ist in Deutschland ungebrochen. In keinem anderen europäischen Land reisen so viele Fans zu Auswärtsspielen wie bei uns. Immer mehr Menschen schauen sich Fußballspiele in Stadien an. Hooligans spielen dabei nur eine Nebenrolle“, so der Fanbeauftragte Michael Gabriel von der zentralen Koordinationsstelle Fanprojekte, die derzeit 65 Fanprojekte an 59 Standorten in Deutschland betreut. „Hooligans sind eine sehr kleine Gruppe. Nicht Hass ist ihr Antrieb, sondern der Wunsch, sich mit anderen Gruppen durch Kampf zu messen. Diese Kämpfe finden außerhalb der Stadien an vereinbarten Plätzen statt“, so Gabriel, der seit 1992 deutsche Fangruppen bei internationalen Turnieren begleitet. Der Sozialarbeiter zeigte sich besorgt, dass die Gewalt im Fußball wieder zunehmen könnte, da das gesamtgesellschaftliche Klima rauer geworden sei.

„In Polen gab es in den 1990er Jahren ein massives Problem mit Gewalt in den Stadien. Heute geht es bei Spielen überwiegend friedlich zu, auch wenn Hooligans im Stadion sind“, erklärte der polnische Fanbeauftragte Dr. Dariusz Łapiński. Der Ausbau der Fanprojekte von vier im Jahr 2012 auf heute 17 habe sich positiv auf die Fankultur ausgewirkt. „Ich sehe die Fanprojekte als Hilfe und Selbsthilfe. Wir konnten ein Stück weit einen kulturellen Wandel bewirken. Statt sich zu prügeln, trifft sich eine Gruppe jetzt regelmäßig zu Filmabenden“, so Łapiński, der während der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine die polnischen Fanaktivitäten koordinierte. Bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für philosophische Grundlagen kulturwissenschaftlicher Analyse an der Viadrina.

Beide Fanbeauftragte reisen zur Weltmeisterschaft nach Russland, um die Fans ihres Landes zu betreuen. Gabriel richtet mit seinem Team vor Ort eine Fanbotschaft ein, die Fans unterstützt, etwa bei der Suche nach Unterkünften oder wenn der Reisepass verloren geht.

Die Diskussion wurde moderiert von den Studierenden Merlin Bierl und Jamil Dishman, die beide auch fußballbegeistert sind. Sie nehmen im Sommersemester an dem Seminar „‚You'll never walk alone’. Die Kultur des Fußballs“ von Prof. Dr. Michael Minkenberg und Dr. Peter Rosenberg teil. „Ich bin Fan des VFB Stuttgart und gehe regelmäßig ins Stadion, wenn ich nicht an der Uni bin“, so Bierl. (LW)

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