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„Die Welt verändert sich so schnell, dass sich einige Menschen zurückwünschen in eine geschlossene und für sie verständliche Gesellschaft.“

Wie lässt sich das Abschneiden der AfD in Frankfurt (Oder) – 21 Prozent – bei der Bundestagswahl am 24. September erklären? Über diese Frage debattierten am 18. Oktober Robin Kendon vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung demos, Frank Hühner von der Lokalen Partnerschaft für Demokratie in Frankfurt (Oder) und Viadrina-Politikwissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Neyer.

Für Robin Kendon war das AfD-Ergebnis in Frankfurt (Oder) bei der Bundestagswahl keine Überraschung. „Nach dem zuvor guten Abschneiden der Partei bei den Kommunal- und Landtagswahlen im Jahr 2014 hat sich die AfD in der Zwischenzeit zu einer Plattform für Rechtsextreme entwickelt, die völkische und rassistische Positionen vertritt“, so Kendon. Für Frank Hühner sind die Forderungen der Partei wenig präsent in der Stadt: „Die Wahl war in erster Linie ein Denkzettel für andere Parteien.“ Prof. Dr. Jürgen Neyer ergänzte: „Die Welt verändert sich durch die Globalisierung und Digitalisierung so schnell, dass sich einige Menschen zurückwünschen in eine geschlossene und für sie verständliche Gesellschaft. Für diesen Roll-back steht die AfD“, erklärte der Politikwissenschaftler in seinem Eingangsstatement.

Kendon und Hühner berichteten von ihrer praktischen Arbeit in Frankfurt (Oder) und Umgebung im Bereich der Rechtsextremismus-Prävention. „Mit der Partnerschaft für Demokratie unterstützen wir Vereine und Projekte mit dem Ziel, gesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten zu verbessern. Die Demokratie muss erlebbar gemacht werden, nicht nur in Schulen, sondern auch in Unternehmen“, so Hühner. Kendon beschäftigt sich mit den Folgen von Rassismus und rechtsextremer Gewalt und berät die öffentliche Verwaltung: „Ich denke, die Politik sollte den Menschen wieder mehr zuhören und die konkreten Probleme mit den Menschen besprechen.“

Neyer nahm auch die Europa-Universität in die Pflicht: „Die Viadrina muss die liberale offene Gesellschaft neu erklären. Durch Lehre und Forschung, etwa zu Emotionen in der Politik oder zur aktuellen Krise der Europäischen Union, kann sie dazu beitragen. Ein Problem ist jedoch, dass die Universität zu wenig in der Stadt verwurzelt ist. Es müssten mehr Studierende in der Stadt leben und der Campus durch zusätzliche Wohnanlagen attraktiver gemacht werden.“

Einig waren sich die Diskutanten in der Erwartung, dass sich die politische Diskussion verschärfen wird. „Wir sind offen für alle, aber nicht für alles“, sagte Kendon mit Verweis auf rassistisches Gedankengut, mit dem er in Gesprächen teils konfrontiert wird. Neyer ergänzte: „Es wird härter werden, für das Projekt der offenen Gesellschaft zu kämpfen. Wir müssen uns dem als Universität stellen.“

Die von der Viadrina-Politikwissenschaftlerin Dr. Anja Hennig moderierte Diskussion wurde veranstaltet vom Institut für Europa-Studien (IFES). Sie war Auftakt der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Gegenwartsanalysen“ im Wintersemester 2017/2018. (LW)

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