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„Viele meiner Landsleute fühlen sich in der Ukraine wie in einem Kinderheim.“

Serhij Zhadan, einer der bedeutendsten zeitgenössischen ukrainischen Schriftsteller, stellte am 17. Oktober seinen neuen Roman „Internat“ an der Europa-Universität vor. Darin thematisiert der Autor die Lage der Zivilbevölkerung im Donbass, die – wie seine Protagonisten – unfreiwillig in den Krieg hineingezogen wird.

„Der Roman handelt vom Krieg in der Ostukraine, der alle Bevölkerungsgruppen betrifft, und nicht vom Grabenkrieg der Soldaten. Mir war es wichtig, der Zivilbevölkerung eine Stimme zu geben. Darum habe ich dieses Buch geschrieben“, erläuterte Serhij Zhadan. Der Autor reiste 2014 nach Luhansk und Donezk, wo die ukrainische Armee gegen prorussische Separatisten kämpft. Seine Beobachtungen hielt er in Tagebuchaufzeichnungen, Gedichten und Erzählungen fest. Sie bildeten die Basis für „Internat“: „Die Protagonisten sind eine Mischung aus den Stimmen, die ich vor Ort gehört habe. Einer von ihnen ist der Ukrainischlehrer Pasha, der unpolitisch ist, bis Separatisten seine Stadt umzingeln und die Frontlinie durch sein Haus verläuft“, erklärte Zhadan. Diese zwingt Pasha sich zu entscheiden, auf welcher Seite der Front er leben will. 

Der Titel „Internat“ bedeutet im Ukrainischen Waisenhaus, bzw. Kinderheim. „Viele meiner Landsleute fühlen sich wie in einem Kinderheim: Sie fühlen sich verlassen. Ich engagiere mich in der Ostukraine insbesondere für Kinder, weil ich verhindern will, dass sie ihr Land auch als Kinderheim wahrnehmen“, so Zhadan, der Aktivist der Orangenen Revolution und der Euromaidan-Bewegung in seiner Heimatstadt Kharkiv war. Er organisiert regelmäßig Hilfslieferungen in die Ostukraine und veranstaltet Lesungen und Konzerte, um die Zivilbevölkerung zu unterstützen.

„Internat“ erscheint im März 2018 in deutscher Übersetzung im Suhrkamp Verlag. Seit 2007 publiziert der Suhrkamp Verlag Zhadans Werke in deutscher Sprache. Der Autor erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem 2006 den Hubert-Burda-Preis für junge Lyrik und im Jahr 2014 den „Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis" für seinen Roman „Die Erfindung des Jazz im Donbass“. (LW)

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