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Vom „Ende der Welt“ zum Wir-Gefühl

Gibt es ein gemeinsames „Wir-Gefühl“ in der Frankfurt-Słubicer Grenzregion? Was können wir dafür tun? Und wie haben Deutsche und Polen vor 1990 und vor dem Schengen-Beitritt Polens miteinander gelebt? Passend zum Unithea-Festivalthema in diesem Jahr – „Wir/My“ – ist das studentische Team diesem Gefühl bei dem Gesprächsabend „Wir – zur Zusammenarbeit in Frankfurt (Oder) und Słubice“ am 25. Januar 2017 auf den Grund gegangen.

„1986 kam ich in Frankfurt (Oder) an – am Ende der Welt“, erzählte Dietrich Schröder, Redakteur für deutsch-polnische Nachbarschaft bei der Märkischen Oderzeitung (MOZ). Das Unithea-Team und der Verein „My Life – erzählte Zeitgeschichte“ hatten ihn eingeladen, als Zeitzeuge von seinen deutsch-polnischen Erlebnissen vor und nach der Wendezeit zu erzählen. „Aus unseren Redaktionsräumen im Hochhaus direkt an der Oderbrücke, damals ‚Brücke der Freundschaft‘ genannt, konnte man zwar über die Grenze gucken, aber überschreiten konnte man sie nicht“. Die deutsch-polnischen Geschichten lagen in den ersten Nachwendejahren quasi auf der Straße – ein Paradies für den Journalisten. „Manchmal fühlte ich mich wie Till Eulenspiegel, der den Deutschen den Spiegel vorhielt um ihnen zu zeigen, wie komisch sie sich verhalten“, sagte Dietrich Schröder mit einem Lächeln und erzählte unter anderem vom „Brötchenkrieg“ Frankfurter Bäckereien, die verhindern wollten, dass eine polnische Bäckerin ihre Backwaren in Frankfurt (Oder) verkauft.

Die anschließende Podiumsdiskussion kreiste um das Ergründen eines gemeinsamen „Wir-Gefühls“ an der Oder. Während Dietrich Schröder von den Menschen in der Grenzregion als „Mittler zwischen Deutschland und Polen“ sprach, die jeden Tag deutsch-polnische Erfahrungen machten, berief sich Viadrina-Professorin Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast auf Umfrageergebnisse: „Die Umfragen sagen, dass es kein gemeinsames Wir-Gefühl gibt. Viele junge Menschen haben das noch nicht und sind kritisch. Aber das ist kein deutsch-polnisches, sondern ein europäisches Phänomen.“

Sören Bollmann, Leiter des Frankfurt-Słubicer Kooperationszentrums, merkte daher an: „Wir müssen mit verschiedenen Formaten auch die Leute abholen, die sich nicht für so eine Diskussions-Veranstaltung interessieren, aber trotzdem neugierig sind.“ Genau da setze das Konzept des deutsch-polnischen Theaterfestivals Unithea an, warf Viadrina-Student und Unithea-Projektleiter Philip Murawski ein. „Wir versuchen, möglichst viele verschiedene Bevölkerungsschichten anzusprechen und sie dann indirekt für das Theaterfestival zu interessieren. Wir hatten mal ein Box-Event mit Axel Schulz gemeinsam mit einem Rapper aus Słubice. Das hat ja erstmal wenig mit Theater zu tun, war aber ein erster Schritt.“ Und freudestrahlend fügt er hinzu: „Einige der deutschen und polnischen Besucher von dort habe ich dann auch beim Festival gesehen. Das hat uns sehr gefreut, weil die Leute sich geöffnet haben für die jeweils andere Kultur.“ (UP)

Video-Mitschnitt der Veranstaltung

Unithea-Theaterfestival: www.unithea.com
„My Life – erzählte Zeitgeschichte e.V.“: www.mylife-online.eu

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