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Essay mit drei Wünschen – Kolloquium zu Ehren der verstorbenen Prof. Dr. Helga Schultz

Ehemalige Kolleginnen und Kollegen sowie Schülerinnen und Schüler gedachten am 12. Januar mit einem Kolloquium Prof. Dr. Helga Schultz. Die Historikerin war am 7. März 2016 im Alter von 74 Jahren verstorben. Im Zentrum der Veranstaltung stand ihr letzter Aufsatz, in dem sie das Ende der Postmoderne, der amerikanischen Vorherrschaft und der Autogesellschaft thematisierte.

„Helga Schultz hatte drei Wünsche, die sie in dem Essay ‚Januskopf. Neoliberalismus und Neue Linke’ äußerte“, erklärte Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast, die bei Schultz promoviert hatte und heute das Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien an der Europa-Universität leitet. „Die Historikerin war eine leidenschaftliche Radfahrerin, was ihre Sehnsucht nach dem Ende der Autogesellschaft erklärt. Sie wünschte sich, dass mehr Fahrradwege gebaut werden“, so Jajeśniak-Quast.

Der emeritierte Kulturhistoriker Prof. Dr. Gangolf Hübinger setzte sich mit den Ausführungen seiner Historikerkollegin zur Postmoderne auseinander. „In ihrem Aufsatz beschreibt Helga Schultz die Postmoderne als eine Phase eines enthemmten Kapitalismus und eines Pluralismus, in der die soziale Frage seitens der Politik komplett missachtet wird“, so Hübinger. „Für mich ist das Ende der Postmoderne allerdings längst erreicht. Die europäische Integration stockt, es gibt Renationalisierungstendenzen und über das Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus wird viel diskutiert.“ Die mit Schultz befreundete Wissenschaftlerin Dr. Elfie-Marita Eibl von der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften kommentierte das Kapitel des Essays zur amerikanischen Vorherrschaft. „Helga Schultz sprach sich für eine Politik der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten von Staaten aus und war somit gegen die Bombardierung von Belgrad durch die NATO während des Kosovo-Krieges. Mittlerweile ist die Welt allerdings multipolar, was im Syrien-Krieg deutlich wird.“

Helga Schultz gehörte 1993 zu den ersten neuberufenen Professorinnen an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät. Bis zu ihrer Emeritierung im Jahre 2006 hatte sie die Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Neuzeit inne. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte lag auf der Regionalgeschichtsschreibung. Die Geschichte Berlins thematisierte sie in dem viel beachteten Band „Stadtgeschichte Berlin 1650 – 1800. Sozialgeschichte einer Residenz“. Als Wirtschaftshistorikerin widmete sich Prof. Dr. Helga Schultz mit ihren Forschungen, etwa zum europäischen Wirtschaftsnationalismus und zum Sozialismus, vorrangig interdisziplinären Fragestellungen. (LW)

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