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„In Polen gab es eine Tradition der Flucht“

Der polnische Bürgerrechtsbeauftragte Dr. Adam Bodnar und der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, Michael Brand, diskutierten mit polnischen und deutschen Wissenschaftlern am 7. Juni über die Bedeutung der Flüchtlingsbewegungen für Europa. Dabei ging Bodnar mit der Regierung in Warschau scharf ins Gericht.

Der Bürgerrechtsbeauftragte sah keinen Grund, hinsichtlich des Umgangs mit Geflüchteten in Polen optimistisch zu sein: Die rechtskonservative PiS-Regierung weigere sich, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen. Die von der Vorgängerregierung zugesagte Aufnahme von einmalig 7.000 Geflüchteten habe sie wieder zurückgenommen. „Die Regierung sieht in der Zuweisung von Flüchtlingen durch die Europäische Union eine Bestrafung Polens. Sie verkennt dabei völlig, dass es in Polen zu Zeiten der Teilungen und während des Kriegszustandes Anfang der 1980er Jahre eine Tradition der Flucht gab.“ Diese unsolidarische Haltung der Regierung gegenüber Geflüchteten stehe zudem in deutlichem Widerspruch zu der Bedeutung, die die amtierende Regierung dem katholischen Glauben beimesse. Generell verschlechtere sich derzeit die Situation für Minderheiten im Land, etwa für Dunkelhäutige oder Frauen mit Kopftuch. Beleidigungen und Übergriffe nähmen zu, genauso wie Hetze im Internet.

Eine Zuspitzung des politischen Klimas nahm auch der Bundestagsabgeordnete Michael Brand in Deutschland wahr. Diese spiegele sich unter anderem in den Wahlerfolgen der AfD bei den Landtagswahlen wider. Im Gegensatz zu Bodnar verteidigte Brand jedoch die Flüchtlingspolitik seines Landes. Die Verschärfung des Asylrechts sei richtig gewesen, um vorrangig die von Krieg und Verfolgung bedrohten Personen aufzunehmen. Einen Appell richtete er an Europa. „Kein Land kann die gewaltige Aufgabe der Zuwanderung allein bewerkstelligen. Wir brauchen europäische Lösungen und vor allem mehr europäische Solidarität, auch von Ländern, die sich momentan raushalten“, so Brand. „Es ist ein Armutszeugnis für Europa, dass Menschen wie Tiere auf Boote gepfercht, zu uns kommen“. Der CDU-Politiker hatte sich selbst an der türkischen Küste ein Bild davon gemacht, wie Geflüchtete auf Schlauchbooten zu griechischen Inseln übersetzen. (LW)

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