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Viadrina Institut für Europa-Studien (IFES)

Hintergrund und Geschichte

Herausforderungen der Post-Transformation

Die Phase der grundlegenden und simultanen Veränderung der politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Systeme scheint vorüber zu sein. Statt „Transformation“ existiert in Europa ein Nebeneinander von im Prinzip demokratisch regierten Staaten im Orbit der EU und Autokratien vermehrt in der Nachbarschaft Russlands. Im Kontrast zur Ära des realen Sozialismus ist Osteuropa allerdings in die Weltwirtschaft integriert, weist Elemente der Marktwirtschaft auf und ist gesellschaftlich mit Mittel- und Westeuropa verbunden.

Als Nachfolgeinstitut des bisherigen Frankfurter Instituts für Transformationsstudien, dessen Fokus überwiegend auf Transformationsprozesse in Osteuropa lag, nehmen die Forschungsaktivitäten des IFES Bezug auf das als vielfach verflochtenes Gebilde und von hohem gesellschaftlichem Wandel geprägte Gesamteuropa.

Das FIT ist somit in das multidisziplinäre IFES übergegangen, welches die bisherige Fokussierung auf Gesamteuropa unter besonderer Berücksichtigung Mittel- und Osteuropas beibehält, sie aber an die inhaltlichen Erfordernisse der gegenwärtigen Europaforschung anpasst. Im gesamten europäischen Raum sind die sozialen Gegensätze beträchtlich, die öffentlichen Debatten aufgeladen, die politische Volatilität hoch. In Mitteleuropa (und auch in weiten Teilen Südosteuropas) geht es nicht mehr um den Übergang zur Demokratie, sondern um Varietäten eines Kernkonzepts von Demokratie und Marktwirtschaft. Dabei kommt es in Osteuropa immer wieder zu Konstellationen, in denen die Kraft und Energie des gesellschaftlichen Wandels im Postsozialismus zu relevanten Handlungsfolien für den Rest Europas werden können – sei es im Umgang mit vielfältigen Krisen, in der Adaption an die Herausforderungen der Globalisierung und Europäisierung oder durch lebendige und praxisnahe Europa-Debatten. Solche Impulse gilt es, mit denjenigen aus dem westlichen und südöstlichen Europa in produktiven Dialog zu stellen und in die Forschung zu integrieren.

Anstatt eines oftmals als teleologischen Prozess verstandenen Transformationsbegriff wird der Forschung am IFES eine Offenheit der Prozesse sozialen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandels zugrunde gelegt. Dabei werden Ideen, Modelle und Diskurse als Forschungsgegenstände (eher denn normative Zielvorstellungen) im Hinblick auf Gesamt- und insbesondere Osteuropa miteinbezogen. Der historischen Kontextualisierung der gegenwärtigen Dialektik von Integration und Desintegration insbesondere im östlichen Europa wird mit den krisenhaften Entwicklungen der EU im westlichen Europa in Zusammenhang gebracht.

Gegenüber dem Ausgangsprogramm der Systemtransformation, das dem FIT zugrunde lag, ergeben sich damit deutliche Verschiebungen. Weniger die Etablierung neuer Verfassungs- und Wirtschaftsordnungen als deren diskursive und reale Folgen stehen im Mittelpunkt. Die Sekundärfolgen der Transformation ziehen damit auch eine Veränderung bei den Forschungsperspektiven nach sich. In Mitteleuropa (und auch in weiten Teilen Südosteuropas) geht es nicht mehr um den Übergang zur Demokratie, sondern um Varietäten eines Kernkonzepts von Demokratie und Marktwirtschaft.